Aquaristik ohne Geheimnisse

Kleine Aquarien

Wenn man herausfinden möchte wer in einem Forum etwas mehr Ahnung hat, dann muss man nur eine Frage in jenes streuen, die etwa lautet ".. ich habe hier ein 25ltr-Aquarium, da wollte ich 2-3 Aphyosemion reinsetzen. Wie viele Höhlen brauchen die?"

Hinweis:
die Textzitate in den grünen Kästen stellen exemplarisch zitierte Aussagen dar, wie sie in Internetforen zum Thema gebracht worden sind.
Wer was von Aquaristik kennt, der wir trocken erklären, dass Aphyosemion keine Höhlenbewohner sind. Wer jedoch viel Meinung aber nur wenig Ahnung hat, wird sich umgehend mächtig über das kleine Aquarium aufregen. Je weniger Ahnung vorhanden ist, desto heftiger werden die Reaktionen gegen die Aquariengröße ausfallen.

Stellt man diese Leute zur Rede, so begründen sie Tun u.a. damit, "dass Neulinge etwas falsch verstehen könnten, es ein Gesetz" gibt und kleine Aquarien Tierquälerei wären.

Diese Ablehnung von kleinen Aquarien ist in der Regel nichts anderes, als das die Leute aus ihrer eigenen fachlichen Unwissenheit heraus eine übermäßige Vorsicht praktizieren. Etwas nicht zu wissen ist nicht schlimm und Vorsicht ist auch nicht verkehrt, Nur gehen etliche Leute bei und bemühen sich trotz ihrer begrenzten Erfahrung anderen etwas aus- bzw. einzureden und das geht m.E. nicht. Man sollte aus der Not keine Tugend machen.

Ich kann diese negative Aufregung bzgl. kleiner Aquarien nicht nachvollziehen. Kleine Aquarien habe ich als sehr gut, verlässlich und pflegeleicht kennengelernt und auch in meinem aquaristischen Umfeld sind sie Standard. Die sogenannten "Nanoaquarien" klammere ich allerdings aus meiner Betrachtung aus. Nicht weil ich sie aufgrund ihres geringen Inhaltes für ungeeignet halte, sondern weil ich mich mit denen mangels eigener Praxis nicht auskenne. Warum ich denen gegenüber vorsichtig bin, wird der weitere Text zeigen.

Die Aquariengröße ist nur ein Punkt neben vielen anderen

die nanobecken sehen ohne zweifel gut aus beim händler, aber letzten endes sind sie eigentlich für jede art fische zu klein

Das Volumen eines Aquariums sagt absolut nichts darüber aus, ob es zur Fischhaltung geeignet ist oder nicht. Im Grunde sind erstmal alle wasserdichten Behälter mögliche Aquarien. Bei der Zucht z.B. setze ich frisch geschlüpfte Fischlarven gerne in Roché-Kästen und in denen sind dann auch nur knapp 1-2 Zentimeter Wasser. Einen Fussel Javamoos und eventuell eine Schnecke dazu und dann wird das so wie es ist auf die Abdeckscheibe gestellt. Das sind damit schon Aquarien, Miniaquarien. Die Larven wachsen darin munter heran und wenn sie etwas pfiffiger geworden sind und sicher Artemien jagen und fressen, kommen sie in das nächst größere Behältnis.

Ziel ist es, dass Behältnis so groß wie nötig und so klein wie möglich zu wählen. Fischlarven sind nämlich oft ängstlich und sie meiden größeres freies Wasser und so gehen sie nicht ans Futter. In kleinen Behältern ist das anders, da kommt das Futter zu ihnen. Ich muss weniger Artemien eingeben und das Wasser bleibt sauberer. Auch habe ich die Larven unter Kontrolle und kann sie jederzeit zählen, auch das ist wichtig. Würde ich die Fische gleich in größere Aquarien geben, so wären die weg und per Zufall und Glück könnte ich vielleicht irgendwann mal einen wiedersehen. Wahrscheinlich aber eher nicht. Die Anzucht in Kleinstbehältnissen hat sich als praktisch erwiesen.
Ich füge an, dass das natürlich so keinen Sinn macht wenn die Zahl der Fischlarven groß ist. Bei meinen Killis habe ich es durchaus häufig mit Larvenzahlen von unter 10 zu tun die werde ich bestimmt nicht aus den Augen verlieren wollen.

Bild 1 zeigt ein Biotop in denen Rivulus simplicis leben. Derartige Gewässer sind nicht selten und die Fische sind an diese ökologischen Nischen angepasst. (Das Bild ist entnommen von der Seite http://killifishbrasil.blogspot.com/, die selber auch von mir schon mal ein Bild "geklaut" hatten.)

Bild 1: Rivulus-Biotop

Bild 1: Rivulus-Biotop

Mancher wird jetzt sagen ".. ja, kann ja alles sein, aber das sind keine Aquarien im eigentlichen Sinne." ­ Richtig, sind es nicht, aber es sind Fische in kleinsten Behältnissen und daraus geht hervor, dass die Aussage "keine Fische in Aquarien unter xx Litern" von sich aus schon mal Unsinn ist.

Grenzgänger

Bevor die kleinen Aquarien in den Fokus der Diskussion gerieten waren es die Wasserwerte. Etliche Leute versuchten quasi mit verbaler Inquisition in die Köpfe zu treiben, dass ein Fisch der nicht in optimalem Wasser gehalten würde, mächtig leiden würde. Dabei schaute man meistens in die Richtung weich und sauer. Hartes Wasser war böse, weiches und saures gut... jedenfalls für alle Nichtmalawis und Nichtlebendgebärenden.

Das weichsaures Wasser allerdings an die Fische höhere Anforderungen stellt als härteres wurde ignoriert. Es passte nicht ins Weltbild. Das heißt, man hat den F

Wie Beton, es kommt darauf an was man daraus macht

Selbstverständlich kann man mit kleinen Aquarien Bockmist bauen und sie falsch besetzen. Das ist gar keine Frage. Das geht allerdings auch mit großen.

Man will den Fischen eine möglichst angenehme Umgebung schaffen. Wie die aussieht, hängt von der Fischart ab. Es gibt Fischarten die gerne im Freiwasser schwimmen. Die brauchen Platz und dabei spielt die eigentliche Größe der Fische keine so große Rolle. Ich würde in diese Gruppe sogar die winzig kleinen Paedocypris einstufen. Trotz ihrer ca. 10mm Körpergröße halte ich die nicht wirklich für 25ltr-Aquarien geeignet und wenn, dann sollten die Becken nicht sehr verkrautet sein.

Hingegen sind Vertreter der Parosphromenus oder kleinere Bettas in solchen Aquarien wunderbar untergebracht und das obwohl sie mit ca. 40mm um ein vierfaches länger sind als Paedocypris und deren Körpermasse selbst noch sehr viel größer ist. Die Parosphromenus und Bettas sind dabei keine wirklichen Freiwasserfische, sie krabbeln lieber durch das Gebüsch. Denen sollte man also viel feines Gebüsch geben und eine mit Pflanzen abgedeckte Oberfläche.

Ein 20Liter Becken kannst du für ein paar Garnelen bzw. Schnecken nutzen, aber nicht für Fische. Das kleinste was man für Fische nutzen kann sind 54Liter Becken und da gibts auch einige Arten die man darin pflegen kann.
Als nicht wirklich geeignet erwiesen sich bei mir wederum Ladigesia roloffi. Man hätte es zwar vermuten können, aber die Fische waren in 40cm-langen Aquarien permanent an den Scheiben, in größeren Aquarien verlor sich dieses Verhalten vollständig.

Ich will damit zeigen, dass nicht die Größe des Fisches entscheidend ist, sondern deren Schwimmgewohnheiten der jeweiligen Fischart. Wenn man das erst einmal verinnerlicht hat, ist für den Aquarianer und damit für die Fische viel gewonnen. Dann hat man einen entscheidenden Schritt in Richtung fundierter Aquaristik gemacht

Eigenschaften kleiner Aquarien

Man sollte kleine Aquarien nicht als Verkleinerung größerer verstehen. Dann erleidet man mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich Schiffbruch. Nachfolgend werde ich mal ein paar Punkte beschreiben, die ich für wichtig erachte.
Wenn man darin vorrangig Pflanzen gestalten möchte, liegen die Schwerpunkte allerdings anders.

Technik

Der geneigte Aquarianer denkt bei tropischem Süßwasser an Heizung und Temperatur. Das muss nicht sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass alleine durch Pumpe und Lampe die Temperatur in fast schon ungewünschte Bereiche ansteigt, ist durchaus real.

Die Filterung + Pumpe muss natürlich vorhanden sein. Ich habe versucht bei meinen neuen 25ltr-Aquarien die auf Mattenfilter zu verzichten und diese durch Schaumstoffpatronenfilter zu ersetzen. Das funktionierte nicht so gut und so habe ich wieder Eckmatten installiert. Allerdigns betreibt mein aquaristischer Kumpel seine kleinen Aquarien mit eingestellten Schaumstoffblockfiltern und das geht durchaus. Es muss kein Mattenfilter sein!

Die Beleuchtung darf ruhig verhaltener ausfallen. Es geht schließlich nicht um die Produktion dicker Pflanzenmengen. Ich betreibe die Aquarien gerne mit Energiesparlampen. Ein für zwei Aquarien nebeneinander kann reichen, muss aber nicht.

Besatzdichte

Hier wird es schwierig. Wie wollte man das beurteilen? ­ Auf 25ltr setze ich problemlos 200 Fische, allerdings nur als kleinste Jungfische. Von Aphyosemion der 4-5cm-Kategorie halte ich durchaus 2-4 Pärchen darin, solange sie nicht aggressiv gegeneinander sind. Es kann durchaus sein, dass es mit den Tieren gleicher Art in einem vergleichbaren Aquarium nicht mehr gut. Ein Grund kann darin liegen, dass Jungfische, die in einer Gruppe aufwachsen, sich nicht an die Wäsche gehen solange sie ungetrennt bleiben. Selbst wenn sie ausgewachsen sind. Trennt man sie und setzt sie nach einiger Zeit wieder zusammen, funktioniert es nicht weil die Aggressionen gegeneinander ausgelöst wurden.

Man muss sich auch vor Augen führen, dass z.B. ein oder zwei Pärchen (= 2 oder 4 Tiere) auf 25ltr in einem 200ltr-Aquarium mit der 8-fachen Wassermenge entsprechend 8 oder 16 Tiere bedeuten. Darin werden aber deutlich mehr Fische gehalten und somit ist die relative Besatzdichte in kleinen Aquarium oft viel geringer als in größeren.

Daher halte ich es auch nicht für sinnvoll irgendwelche Besatzobergrenzen zu nennen. Man kann kann keine festlegen, es geht einfach nicht. Das muss auch nicht sein, weil wenn man seine Fische mit wachem Auge beobachtet, wird man sehen ob und was geht und was nicht mehr.

Ich kenne keinen Fisch der mit 20L genug Platz hat.

mögliche Fischarten

Nachfolgend ein paar Fischarten, die ich selbst gut in kleineren Aquarien, also Becken 54ltr Inhalt, gepflegt und oft auch gezüchtet habe. Dabei habe ich die Aquarien nahezu immer als Artbecken betrieben.
Killifische
Aphyosemion
alle möglichen Aphyosemion. Man beachte: Aphyosemion, nicht Fundulopanchax. Letztere werden oft größer und können auch ruppiger sein. Wenn es sich um eine gemeinsam aufgewachsene Gruppe handelt, gehen durchaus 6-8 Tiere in einem 25ltr-Aquarium. Ablaichen werden etliche Arten bei der Dichte allerdings nicht mehr. Dazu empfiehlt es sich nur zwei oder gar ein Pärchen pro Aquarium zu halten.
Fluviphylax, Foerschichthys
Kleine Leuchtaugen die vorwiegend unter der Oberfläche stehen.
kleine Rivulus
R. frenatus, R. geayi, R. xiphidius
Diapteron
gehen immer. Problem ist bei denen (wie bei etlichen Aphyosemion auch), dass sie es gerne kühler haben. Temperature unter 20°C und solche lassen sich in kleinen Aquarien mit Pumpe und starker Beleuchtung oft nicht realisieren.
anuelle Arten wie Nothobranchius, Simpsonichthys etc.
Die kleineren Arten sind kein Problem, die größeren können zu aggressiv sein. Die ganz "feinen" Arten allerdings wie S. costai, Plesolebias etc. würde ich nur in kleinen Aquarien halten. Es sei denn, man hat zahlenmäßig sehr viele davon. Das ist bei solchen Juwelen allerdings eher unwahrscheinlich.
Bärblinge
Danionella.
Die sind auf jeden Fall gut geeignet.
Boraras
Grundsätzlich ja, allerdings können die sich auch in größeren Aquarien behaupten und ich würde denen doch eher mehr Platz gönnen
Danio margaritatus
Ebenso
Labyrinther
Parosphromenus
Sofern es sich nicht um die größeren Arten handelt wie P. quindecim würde ich alle Arten als durchweg kleinaquariengeeignet einstufen.
Betta
Alles was zum Formenkreis der kleinen roten Laubkampffischen zählt wie Betta uberis, Betta persehone und B. miniopinna, Betta tussyae, Betta brownorum etc. stufe ich als absolut geeignet ein.
Salmler
Hier wird es schwierig. Es gibt Arten die sich in solchen Aquarien bei mir gut gemacht haben, z.B. Priocharax oder Brittanichthys. Es soll noch mehr geben, aber dazu kann ich nichts sagen.
Cichliden
Nicht meine Baustelle
Sonstige
Sehr gut gingen bei mir Neosthetus (lankesteri), also Kehlphallusfische. Es handelt sich dabei um kleinste Fische aus der Gezeitenzone. Die kennen keine Bepflanzung und zeigten sich trotz ihrer fragilen Erscheinung als sehr ausdauernd. Anspruchsvoll dürfen die auch gar nicht sein. Die werden von der Tide zwischen Flussmündung und Meer hin- und hergespült und so macht es sich gut, wenn man denen immer mal wechselnden Salzkonzentrationen zukommen lässt.
Ich muß mich über die anderen Fische erst noch informieren und den Link lesen aber Killifische unter 54Liter? Ich pflege selbst welche und würde keinen unter 54 Liter halten. Ich habe selbst ein 20Liter Becken für Garnelen und wenn ich mir da drinnen einen meiner Killis vorstelle? Nee wirklich nicht!
Natürlich sind die meisten der genannten Fische nicht handelsüblich. Die Liste soll aber zeigen, dass es sehr viele geeignete Arten gibt und damit der Satz "es gibt keine Fische für kleine Aquarien" absoluter und 100%iger Blödsinn ist.

Ich möchte den Text nicht als Werbung für solche kleinen Aquarien verstanden wissen. Wer dafür geeignet ist oder nicht ist übrigens leicht erkennbar. Jeder, der noch fragt "ich habe hier dieses Aquarium, was kann da rein?" ist noch nicht soweit.

Die richtige Frage geht nämlich anders herum: "ich möchte Fisch xy haben, welche Aquariengröße braucht der mindestens" und in Gesellschaftsbeckenkategorien sollte man auch nicht mehr denken. Auch sollte Lebendfütterung schon Standard sein, zumindest Artemien kein Hindernis mehr darstellen. Wenn man dann noch etwas Erfahrung mit Zucht und Aufzucht hat, sollte der Umgang mit solchen Fischen in kleinen Aquarien kein ernstes Problem mehr darstellen.

Aber bitte nicht "das kleine Aquarium mit Minifischen für die Fensterbank" suchen. Dann ist man sicher mit einem Garnelen- oder Schneckenbecken besser bedient.

Autor: Olaf D.   Stand: 2011-07-28   File: http://www.deters-ing.de/Fische/Kleinaquarien.htm   User online: 1