Aquaristik ohne Geheimnisse

Dr. Gerd Kassebeer  1995/04

Eigenschaften aquaristischer Schlämme

1.) Ernähren sich Aquarienpflanzen aus dem Schlamm?

Beschäftigt man sich mit dem Stoffwechsel von Aquarien, dann stößt man auf Ungereimtheiten wie z. B. das Verschwinden von Härte nach einem Wasserwechsel (siehe Schlamm als Ionentauscher).

Oder man versucht, durch Zugabe von Mineralsäure einen niedrigeren pH einzustellen, und der pH wandert immer wieder zu dem hohen Anfangswert zurück!

Oder die Pflanzen wachsen ohne CO2, ohne Hauptnährstoffe, ohne Spurenelemente, und trotzdem entfaltet sich eine wahre Pracht im Aquarium, vor allem bei reichlicher Fütterung mit Wasserflöhen. Dabei müssten doch Mangelerscheinungen und Stagnation auftreten!

Die aufgezählten Phänomene sind teilweise durch Eigenschaften des Schlammes erklärbar.

Trübstoffe in der Natur und im Aquarium

Substanz Teilchengröße Bestandteile Herkunft
Ton < 4 µm Tonmineralien, Metall-oxide, Glimmer, Feldspat Bodengrund, Erden
Kolloide 0 - 10 µm große Protein-Moleküle Fischdarm, Abbau-produkte von Zellen
Detritus 10-1000 µm Cellulose, Chitin, Lignin, Faserproteine Fischdarm, Pflanzenreste
Algen 10-100 µm Grünalgen, Diatomeen, Cyanobakterien Vermehrung mit Licht und Nährstoffen
Bakterien 1-10 µm Einzelzellen und Aggregate Vermehrung im nährstoff- reichen Wasser
Kalk 1-100 µm Calciumcarbonat chemische Ausfällung oder pH-Anstieg
Metall-hydroxide 0-100 m Eisen- oder Aluminiumhydroxide Hydrolyse von gelösten Metallsalzen, Abbau von Fetrilon
Gasblasen 100-1000 µm Luft oder Sauerstoff Diffusor, Abschäumer, Belüftung, Assimilation

2.) Wenden wir uns der Schlammbildung zu!

Ein neues Aquarium erscheint blitzsauber, wenn es noch keinen Biofilm, Mulm oder Schlamm enthält. Häufig wird das Wasser zunächst trübe von einer sich bildenden Mikroflora und Mikrofauna. Irgendwann bilden sich Flocken, oder aber der Filter fängt an zu absorbieren, oder man hilft mit einem Flockungsmittel wie FeCl3 oder mit einem Filterhilfsmittel, z. B. einer Tonsuspension wie Easy Life nach! Nun beginnt die Abscheidung der Trübstoffe bzw. Partikel und die Bildung von Biofilmen, Mulm und Schlamm. Die Menge dieser Stoffe wächst langsam, bis die Volumenzunahme nach einigen Monaten aufhört. Zehrungsvorgänge kompensieren das Wachstum! Das Volumen des Schlammes wird annähernd konstant, wenn nicht eingegriffen wird und es bildet sich u. a. alter Schlamm. Die Tabelle listet einige Ausgangsstoffe zur Schlammbildung.

3.) Eigenschaften dieser Substrate im Betrieb und im Experiment

Hamburger Mattenfilter

Hamburger Mattenfilter

Im folgenden beschreibe ich eine Reihe ihrer Eigenschaften und ihre Bedeutung für das Aquarium. Dabei sind mir die Unterschiede der drei Substrate weniger wichtig als die Gemeinsamkeiten. Filterschlamm, Mulm und Biofilme werden hier von mir unter dem Oberbegriff Schlamm zusammengefaßt.

Ein Teil der Eigenschaften wurde an isoliertem Filterschlamm durch Messungen und Experimente ermittelt, ein anderer Teil durch Messungen an einem laufenden Hamburger Filter (siehe auch Abbildung!).

4.) Was sind Filterschlamm, Mulm und Biofilm?

Nach meiner Definition bildet sich Filterschlamm durch Abscheidung von Partikeln und Flocken im Filter. D. h. alles, was sich im Filter abgeschieden hat, ist für mich Filterschlamm!

Mulm ist alles, was sich außerhalb des Filters sammelt durch Sedimentation von Partikeln und Flocken auf dem Bodengrund, bei gröberer Körnung des Kieses auch darin. Mulm bildet sich außerdem in Filterkammern.

Biofilme bilden sich auf allen vom Wasser berührten Oberflächen durch Abscheidung aus, vornehmlich auf den angeströmten. Für den Stoffwechsel des Aquariums sind sie um so bedeutender, je weniger leistungsfähig die Filter sind. Im Falle eines filterlosen Aquariums treten sie an seine Stelle, aber sie sind auch neben einem leistungsfähigen Filter wirksam. So konnte aus Experimenten abgeleitet werden, daß der Anteil der Nitrifikation in Biofilmen in der gleichen Größenordnung liegt, wie der im Filter! Vermutlich sitzen diese Biofilme hauptsächlich auf den Blättern der Pflanzen.

Die Komponenten von Mulm, Schlamm und Biofilmen sind in der Tabelle dargestellt. Hauptkomponenten sind Detritus und Bakterien. Je älter das Substrat wird, um so höher wird der anorganische Anteil! Bei Biofilmen findet wegen der Abweidung durch Fische und Schnecken sowie mechanische Abtragung eine ständige Erneuerung statt.

5.) Abscheidung von Partikeln und Ausbildung von Strukturen

Gleichsinnig geladene Teilchen stoßen sich gegenseitig ab und verhindern Flockung bzw. Abscheidung. Entlädt man sie, z. B. durch ein Flockungsmittel, dann ballen sie sich zu Flocken zusammen und sinken zu Boden oder werden zum Filter transportiert und bleiben darin hängen!

Bakterien werden durch Adhäsion festgehalten, scheiden aber auch z. T. eine Schleimhülle aus und fixieren sich damit auf ihrer Unterlage bzw. untereinander. So werden auch andere Partikel fixiert.

Vermutlich kommt es auf den Blattoberflächen zur Bildung von Biofilmen, während im Schlamm und Mulm eine flockige Struktur vorherrscht, die durch Zusammenballung kleiner Teilchen verschiedenster Art entsteht! Sie hat eine große innere Oberfläche, die sehr reaktiv ist! Saugt man z. B. die Oberfläche einer Filtermatte ab und sammelt die Schlamm-Wasser-Mischung in einem Eimer, so kann man sehr schön die Flockung und Sedimentation des Schlammes jeweils nach dem Aufrühren beobachten. Filtriert man diese Mischung durch einen Fischkescher, so scheidet man das grobe Material ab. Wenn man nach dem Absitzen das überstehende Wasser behutsam abgießt, bleibt ein eingedickter Schlamm übrig. Damit habe ich Messungen und Experimente gemacht!

6.) Die Zehrung

Schlammentwicklung

Schlammentwicklung

Mißt man den Sauerstoffgehalt von Schlamm-Wasser-Mischungen, so wird in wenigen min. der Wert Null erreicht. Mischt man nitrathaltiges Wasser dazu, bei meinem Versuch 1 l Aquarienwasser mit 100mg NO3/l und 500g Schlamm, ergab sich nach Tagesfrist eine Reduktion von 100 auf 8 mg NO3/l.

Sauerstoff wird offenbar schnell veratmet und Nitrat etwas langsamer. Mißt man die Sauerstoffsättigung vor und hinter einer Filtermatte, so findet man je nach Durchfluß eine Differenz von 5-10% der Sauerstoffsättigung.

Beispiel: Filterstrom 120 l/h, Differenz 9% bei 25°C und einem 80 l-Becken. Das sind 9% von 8,2 mg O2/l = 0,74 mg O2/l, auf den ganzen Tag und das ganze Filtervolumen gerechnet 2,1 g Sauerstoff, den der Filter verbraucht!

Wofür wird diese große Menge Sauerstoff verbraucht? Bei der Mineralisation der gelösten und der im Filterschlamm abgeschiedenen Stoffe wird das meiste verbraucht. Die einen werden schnell veratmet, die anderen langsam! Ein Teil des Sauerstoffs wird auch durch die Nitrifikation verbraucht, wie unter dem Abschnitt Ammonium ausgeführt wird, wahrscheinlich etwa 25%. Andererseits wird durch die Nitratatmung Sauerstoff in den Kreislauf zurückgeführt. Dieser Anteil ist noch schwerer abschätzbar. Es handelt sich um die Differenz zwischen dem zugeführten Protein-Stickstoff und den von den Pflanzen aufgenommenen Stickstoffverbindungen. In Fischaquarien kann die Differenz groß sein, in Pflanzenaquarien kann sie Null sein!

7.) Ammonium und Schlamm

In einer Schlammprobe, die eine Woche lang in einer vollen Flasche aufbewahrt wurde, fanden sich 20 mg NH4/l. Warum? Die Abspaltung von NH4 aus dem Schlamm lief ohne Sauerstoff ab, aber durch das Fehlen von Sauerstoff konnte keine Nitrifikation mehr stattfinden. Die Redoxspannung war sehr niedrig! Der Schlamm roch nach Schwefelwasserstoff und war schwarz von Eisensulfid.
NH4-Tagesgang

NH4-Tagesgang

Im Auslauf von laufenden Mattenfiltern wurden Werte zwischen 0,04 und 0,1 mg NH4/l gefunden, bei sehr unterschiedlichen Konzentrationen im Zulauf! Ich vermute, daß das zulaufende Ammonium vollständig veratmet wird, und daß das auslaufende Ammonium bei der Mineralisation des Schlammes entsteht. Die Kurve vergleicht die Menge des Ammoniums, das vom Filterschlamm veratmet wird, mit der von den Fischen ausgeschiedenen Ammoniummenge. Um den Einfluß der bei Licht ammoniumverbrauchenden Pflanzen auszuschalten, wurde auch eine Kurve ohne Licht gemessen. Es zeigt sich, daß die NH4-Produktion des Schlammes in der gleichen Größenordnung liegt wie die NH4-Freisetzung durch die Fütterung und ihre Folgen.

NH4 nach Fütterung

NH4 nach Fütterung

Die Zahlen an den Kurven sind die Flächenintegrale unter den Kurven mit der Dimension mg NH4/Tag! Die Kurven zeigen außerdem,daß ein beachtlicher Teil der N-Verbindungen bereits einige Stunden nach der Fütterung abgebaut wird. Der Hauptplatz für die Nitrifikation ist die Filtermatte, soweit vorhanden. Nitrit ist normalerweise nicht nachweisbar, ein Zeichen für die gute Zusammenwirkung der Nitrifikanten.

Die mittlere Verweilzeit bei einem Filterdurchgang betrug 2-4 min. Diese Zeit reichte für eine praktisch vollständige Nitrifikation des gelösten Ammoniums und Nitrits aus, während die Stickstoffverbindungen in den Partikeln Tage bis Wochen brauchten!

8.) Schlammalter und Reinheit des Wassers

Viele Aquarianer kennen das Phänomen. Etliche Monate nach dem Start eines Beckens oder eines neuen Düngers verschwindet plötzlich das Eisen in wenigen Stunden nach der Dosierung! Irgendeine Bakterienart hat gelernt, den Chelator enzymatisch zu zerlegen, obwohl es sich um eine nicht in der Natur vorkommende Chemikalie handelt und somit auch kein Enzym dafür existiert.

Das verläuft etwa so: Nun hungern in einem gut gepflegten Aquarium die Bakterien einerseits, andererseits sammeln sich künstliche Chelatoren an, weil keine passenden Enzyme existieren, um sie zu veratmen! Die Bakterien haben also was Eßbares vor der Nase, kommen aber nicht dran! In ihrer Not werden sie erfinderisch. Sie entwickeln neue Enzyme, um die angebotene C-Quelle zu nutzen. Nach mehreren Monaten haben sie es geschafft und veratmen ihn! Und dann ist es vorbei mit der Anwendung dieses einen Chelators. Dann muß ein anderer her. Und der hilft wieder für ein halbes Jahr!

Langfristig siegt die Bakterienpopulation und bewältigt jede Kohlenstoffquelle, wenn man sie nur alt genug werden läßt. Alter Schlamm bringt reines Wasser!

9.) Schlamm als schwach saurer Kationentauscher

Früher habe ich mich gewundert, daß nach einem 20%igen Wasserwechsel der pH von 5 auf über 7 stieg, innerhalb von zwei Tagen aber den Ausgangswert wieder erreichte. Das hieß, daß die mit dem Leitungswasser zugeführte KH von etwa 7°dKH verbraucht wurde! Zunächst versuchte ich das durch die Entstehung von Säure bei der Nitrifikation zu erklären! Das ging aber nicht, weil der dann folgende Säuresturz ausblieb. Außerdem war der KH-Verlust von etwa 1,4°dKH in zwei Tagen gleichbedeutend mit einer Nitratzunahme von 30 mg NO3/l in zwei Tagen. Das hätte messbar sein müssen! Irgendwann kam der Verdacht, daß der Schlamm die Ursache sein könne. Einige Experimente wiesen dann auch nach, daß in 1 l Schlamm etwa 20 mval/l Härtebildner = 56°dH steckten. Auf ein 120 l-Becken mit etwa 3 l Filterschlamm angewandt, würde das zufällig 1,4°dH ausmachen. Es ließ sich durch Experimente zeigen, daß die Härtebildner vom Schlamm gegen H-Ionen ausgetauscht wurden, d. h. wie bei einem schwach sauren Kationenaustauscher! Allerdings ist die Austauschkapazität des Schlammes für Calzium und Magnesium etwas knapp, wenn man nur den Schlamm im Filter rechnet, und nicht Mulm und Biofilm!

NO2-Peaks bei unterschiedlicher Beimpfung

NO2-Peaks bei unterschiedlicher Beimpfung

Der Vorgang nun im Einzelnen: 120 l Wasser mit pH 5 enthält 0,0°dKH. 20% davon werden gegen Leitungswasser mit 7°dKH gewechselt. Der pH steigt auf 7 bei 1,4°dKH und 4 mg CO2/l. Jetzt tauscht der Schlamm Ca-Ionen gegen H-Ionen, bis der Zustand vor dem Wasserwechsel wieder erreicht ist (0,0°dKH, pH 5, 4 mg CO2/l). Der Vorgang dauert etwa 2 Tage.

Die freigesetzten H-Ionen reagieren mit den HCO3-Ionen und senken die KH auf den neuen/alten Wert! (Siehe auch Tabelle: pH-Wert als Funktion von KH und CO2!)

NO2-Peaks bei unterschiedlicher Beeimpfung

pH-Wert als Funktion von Karbonathärte und CO2 im Süßwasser
Karbonathärte gelöstes Kohlendioxid (mg CO2/L)
(°dKH) mmol/L 1 2 5 10 20 50 100
0.02 0,007 5.8 5.5 5.1 4.8 4.5 4.1 3.8
0.05 0,018 6.2 5.9 5.5 5.2 4.9 4.5 4.2
0.1 0,036 6.5 6.2 5.8 5.5 5.2 4.8 4.5
0.2 0,071 6.8 6.5 6.2 5.8 5.5 5.2 4.8
0.5 0,18 7.2 6.8 6.5 6.2 5.8 5.5 5.2
1 0,36 7.5 7.2 6.8 6.5 6.2 5.8 5.5
2 0,71 7.8 7.5 7.2 6.8 6.5 6.2 5.8
5 1,8 8.2 7.8 7.5 7.2 6.8 6.5 6.2
10 3,6 8.5 8.2 7.8 7.5 7.2 6.8 6.5
20 7,1 8,1 8,5 8,1 7,8 7,5 7,1 6,8
Eigene Berechnungen. Gerd Kassebeer 12.98

10.) Schlamm als Puffer für Schwermetalle

Nimmt man eine bakterientrübe Wasserprobe und macht den Cu-Tropftest mit einem Tropfen Dupla-Reagenz, so ist zunächst das Ergebnis = 0. Nach 5-10 min. jedoch ist es etwa 0,05 mg Cu/l. Offenbar haben hier Bakterien einen Teil ihres gesammelten Kupfers freigesetzt. Eine andere Möglichkeit wäre die Ausfällung als schwerlösliches Cu(OH)2, basisches Kupferkarbonat oder -Phosphat, oder die Absorption an den Kationenaustauscher, wenn Schlamm vorhanden ist! Absorbiertes Kupfer ist durch Ansäuern freisetzbar!

11.)Nitritpeak mit Schlamm verhindern!

Das Beimpfen von neuen Aquarien mit Nitrifikanten ist schon üblich geworden. Durch Verwendung käuflicher Präparate lässt sich das Einlaufen der Filterflora beschleunigen, durch massive Zugabe von Filterschlamm aus einem anderen Becken auf praktisch 1-2 Tage verkürzen! In der Graphik werden 3 Beispiele von Nitritpeaks dargestellt.

12.) Mikrofauna und Mikroflora des Schlammes

Betrachtet man den Schlamm mit der Stereolupe, so ist auf Grund der geringen Zellgröße und der geringen Vergrößerung von der Mikroflora nichts zu erkennen. Dafür ist ein Mikroskop notwendig sowie ein gewisser Aufwand bei der Präparation. Dafür sieht man mit der Stereolupe recht gut die Mikrofauna, die zu einem Teil aus Ciliaten, Würmern, Hüpferlingen u. a. besteht. Die Fauna ernährt sich überwiegend von Bakterien und reguliert daher deren Anteil am Schlamm! Dadurch trägt sie zur Erneuerung und ständigen Freisetzung von Nährelementen bei.

Das Schlammvolumen nimmt zunächst zu, bis ein Gleichgewicht zwischen Zuwachs und Verlust entsteht. Stört man dieses dynamische Gleichgewicht der Volumenkonstanz durch Entnahme von Schlamm, so wird das fehlende Volumen nachgebildet und die Ausbildung des Gleichgewichts ständig gestört. Eine der Folgen ist, daß die Schlammalterung gestört wird und die Reinigungsleistung reduziert. (siehe Abbildung!)

Schlammentwicklung

Schlammentwicklung

13.) Schlamm als Lieferant von Pflanzennährstoffen

Der Anteil der Mineralisierung der Stoffe wird durch die Schlammentnahme mitbestimmt. Er ist besonders hoch, wenn kein Schlamm entnommen wird.

Diese Mineralisierung bedeutet, daß ständig kleine Mengen von Pflanzennährstoffen sowie Spurenelementen durch die Tätigkeit der Destruenten sowie ihrer Fressfeinde freigesetzt wird. Diese Mineralisierung erfordert allerdings mehr Sauerstoff, als wenn man regelmäßige Filterreinigung betreibt. (siehe Abbildung!)

14.) Simultane Nitratatmung im Schlamm

Bei Fischaquarien wird mehr Stickstoff zugeführt als die Pflanzen und die Mikroflora verbrauchen! Der Stickstoff ist Bestandteil der Proteine des Futters und wird überwiegend in Form von NH3 über die Kiemen des Fisches ausgeschieden. Im Beckenwasser reagiert NH3 mit CO2 zu NH4+ und HCO3- und steht den Pflanzen als Nährstoff zur Verfügung. Parallel dazu wird NH4+ durch die Nitrifikanten zu NO3- oxidiert. Bei solchen eutrophierten Aquarien müsste eigentlich die Nitratkonzentration steigen und einen Säuresturz herbeiführen, weil ja ständig aus einem Alkaliion ein Anion entsteht und zwei H-Ionen .

Nitrifikation

NH4+ + 1,5 O2 --> NO2- + 2 H+ + H2O

NO2- + 0,5 O2 --> NO3-

H+ + HCO3- --> CO2 + H2O

Die dritte Gleichung zeigt, daß die Nitrifikation KH verbraucht. Seltsam ist, daß der unausweichlich scheinende Säuresturz äußerst selten passiert. In den meisten Fällen stellt sich eine stabile Nitratkonzentration ein und das überschüssige Nitrat wird irgendwo im Mulm, im Schlamm, in den Biofilmen veratmet! Oder die Ammoniumoxidation kommt bei niedrigem pH zum Erliegen und damit die Entstehung einer starken Säure, die die KH verbraucht! (Fritsche: Mikrobiologie -> Unter pH 5 können die Nitrifikanten nicht wachsen!)

15.) Schlamm ist notwendig!

Ich behaupte, daß ein Aquarium ohne Schlamm bzw. Mulm bzw. Biofilm gar nicht funktionieren kann. Andererseits kann man diese Substrate nicht daran hindern, sich zu bilden und ihre Rollen zu übernehmen. Man kann sie aber fördern durch Beimpfung mit viel Schlamm aus einem laufenden Aquarium, durch den Betrieb eines bakterienfreundlichen Filters, durch die Kultur von oberflächenreichen Pflanzen. Schlamm, Mulm und Biofilm greifen auf vielfältige Weise in den Stoffwechsel des Aquariums ein. Wir sollten ihre Funktion positiv sehen!
Autor: Dr. Gerd Kassebeer   Stand: 1995-04-01   File: http://www.deters-ing.de/Gastbeitraege/Aquarienschlaemme.htm   User online: 2