Klares Wasser - Trübes Wasser
Aquarianer lieben gute Sicht im Aquarium
Klares Wasser, ob in der Natur oder in einem Aquarium, macht auf den Betrachter immer einen starken, positiven Eindruck. Das nicht klare, das trübe Wasser, macht einen geringeren, eher negativen Eindruck, besonders, wenn es sich um das eigene Aquarium handelt. Auch der trübe Fluß, das trübe Meer erwecken den Eindruck der Verschmutzung, während das klare Wasser eines Baches, Sees, Meeres für sauber gehalten wird. Meistens ist ihm die eigentliche Ursache dieses Eindrucks nicht bewußtTrübungsmessung
Ein natürliches Gewässer mit einer Sichttiefe von mehreren Metern ist ein faszinierender Anblick. Die Sichttiefe ist auch ein genormtes Maß in der Wasseranalytik (DIN EN 27027, Abschnitt 2.2) für die optische Wasserqualität z. B. von Kläranlagenabläufen, Seen und Talsperren. Man taucht eine runde weiße Scheibe mit 6 Löchern an einer Stange oder Kette so tief ein, daß die Scheibe gerade noch zu erkennen ist. Dann ermittelt man die Tauchtiefe (=Sichttiefe).1 m ist für einen Kläranlagenablauf schon ein hervorragendes Ergebnis. Es gibt noch eine Reihe anderer Trübungsmeßmethoden, auf die ich hier aber nicht eingehen möchte, da sie aquaristisch nicht relevant sind. Die Sichttiefenmessung ist in modifizierter Form bei Aquarien anwendbar. Wenn Sie zufällig ein Meterbecken zuhause haben, dessen Seitenscheiben zugänglich sind, machen Sie die Probe aufs Exempel. Befestigen Sie an der einen Seite ein Zeitungsblatt und versuchen Sie, das Kleingedruckte von der anderen Seite quer durchs Becken zu lesen. Wenn Sie es schaffen, dann ist das Wasser klar. Macht das aber Mühe, dann ist Ihr Wasser trübe, dann ist Handlungsbedarf! Viel problematischer ist die Beurteilung der Trübung kleiner Aquarien. Hier wird leicht eine Qualität vermutet, die mangels Schichtdicke nicht beurteilt werden kann, wie z.B. auch bei kleinen und flachen Bächen. Sie erscheinen solange klar, bis man zum nächsten Kolk kommt. Der sieht dann trübe aus, nur weil die Schichtdicke plötzlich ein Mehrfaches beträgt.
Trübung als optisches Phänomen
Partikel sind für das menschliche Auge sichtbar, wenn sie Licht absorbieren, reflektieren oder beugen. Zum Beispiel sind pigmenthaltige einzellige Algen sichtbar, weil ihr Pigment einen großen Teil des Lichtes absorbiert. Tonteilchen sind sichtbar, wenn sie größer als 0,2 µm sind und aufgrund ihrer hohen optischen Dichte Licht beugen bzw. streuen. (Abb. 2) Bakterien sind zwar größer (1-10 µm), aber meistens pigmentlos, und haben nahezu die gleiche optische Dichte wie Wasser. Daher sind sie bis zu einer Zelldichte von etwa 100000 pro Milliliter nicht sichtbar, weil ihr Beitrag zur Lichtstreuung sehr gering ist. Erst darüber ist eine schwache weiße Trübung zu erkennen. Anders ist das mit pigmentierten Cyanobakterien oder einzelligen Grünalgen, wie schon erwähnt. Sie sind schon ab einer viel geringeren Zelldichte sichtbar, weil sie das Licht ganz oder teilweise absorbieren.Trübstoffe und ihr Verhalten
Wie später anhand der Tabelle ersichtlich, sind die Trübstoffe sehr unterschiedlicher Herkunft. Manche sind Indikatoren für schlechtes Wasser, andere durchaus nicht. Vor allem sind die mineralischen Trübstoffe keine Schlechtwasser-Indikatoren. Denken Sie an Weißwasserflüsse im Amazonasgebiet oder an das gelbe Meer, das durch abgeschwemmten Lößboden getrübt ist. Ist das Aquarium trübe, dann darf man Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Filters ziehen, es sei denn, das Becken ist gerade erst in Betrieb genommen.Adhäsion
Ein eingefahrener Filter hält suspendierte Stoffe aus dem durchströmenden Wasser fest, und zwar auch Teilchen, die eindeutig kleiner als die Porenweite des Filters sind. Die Adhäsion wird zum Teil durch elektrostatische Kräfte, zum Teil durch chemische Kräfte hervorgerufen. Hier sind es vor allem die zwischenmolekularen Kräfte, z. B. die Wasserstoffbrücken, durch die kleine Partikel an Hunderten bis Tausenden von Punkten ein wenig angezogen werden. Die Summe dieser sehr kleinen Kräfte ist aber sehr groß! Die Adhäsion spielt nicht nur im Aquarienfilter eine große Rolle, sondern auch bei der Flockung von Bakterien sowie der Besiedlung von Oberflächen mit BakterienFlockung
Flockung ist die Zusammenballung kleiner, suspendierter Teilchen zu Flocken, die im Stillwasser zu Boden sinken und eine Mulmschicht erzeugen oder in einem Filter festgehalten werden und dort Filterschlamm bilden. An diesem Vorgang sind verschiedene physikalische Phänomene beteiligt. Suspendierte Teilchen sind meistens negativ geladen und stoßen sich daher gegenseitig ab. Auf diese Weise kommt es und im Aquarium zu stabilen, langanhaltenden Trübungen. Eine Entladung mit einem Flockungshilfsmittel schafft hier Abhilfe. Die Teilchen ballen sich zu Flocken zusammen und werden aus dem Wasser abgeschieden. Bei der Zusammenballung wirken zwischenmolekulare Kräfte, wie die schon erwähnten Wasserstoffbrücken, in großer Zahl mit. Sie halten Schlamm und Mulm zusammen, bzw. fügen ihn immer wieder zusammen, wenn die Flocken zerteilt wurden. Bei der Zusammenballung von einzelnen Bakterien sowie bei der Anhaftung von Bakterien auf Oberflächen spielen Schleimhüllen eine wichtige Rolle.Sedimentation
Für die Sedimentation eines Partikels in Wasser gibt es verschiedene Bedingungen. Die Dichte des Teilchens muß größer als 1 sein. Die Schwerkraft muß die Reibung des umgebenden Wassers überwinden. Das ist z.B. bei Molekülen oder Ionen sowie kolloiden Teilchen nicht der Fall. Des weiteren muß der vertikale Vektor der Sinkgeschwindigkeit größer sein als der vertikale Vektor der Aufwärtsströmung. Ist die Strömungsgeschwindigkeit zu hoch, so kann z.B. Mulm sich nicht absetzen.Chemische Fällung mit handelsüblichen Mitteln
Tropft man eine Lösung z.B. von Duplacrystal in Wasser, so bildet sich alsbald eine Trübung, und wenig später bilden sich bräunliche Flocken, die zu Boden sinken. Chemisch passiert folgendes: Durch Hydrolyse des Eisen(III)-chlorids bildet sich Eisenhydroxid und Salzsäure. Das Eisenhydroxid ist nicht im Wasser löslich und fällt aus. Die Salzsäure reagiert mit dem Hydrogenkarbonat des Wassers, soweit vorhanden, unter Bildung von Chloridionen und Kohlendioxid. Tut man zuviel des Guten, so sinkt der pH-Wert gefährlich weit ab.Reaktionen des Eisen(III)chlorids in Wasser
FeCl3 + H2O -> Fe(OH)3 + 3 HCl2 HCl + Ca(HCO3)2 -> CaCl2 + H2O + 2 CO2
Dieses Mittel ist bei sparsamer Dosierung hervorragend geeignet, die Wassertrübung eines neuen oder gereinigten Aquariums innerhalb von zwei Stunden zu beseitigen. Das Mittel wirkt auch als Fällungshilfsmittel für stabile Suspensionen, indem es die stabilisierende negative Oberflächenladung neutralisiert.
Tabelle 1: Trübstoffe in der Natur und im Aquarium
Substanz | Teilchengröße | Bestandteile | Herkunft |
Ton | < 4 µm | Tonmineralien, Metalloxide, Glimmer, Feldspat u. a. Mineralien | Bodengrund, Erden |
Kolloide | 0 - 10 µm | große Protein-Moleküle | Fischdarm, Abbauprodukte von Zellen |
Detritus | 10-1000 µm | Cellulose, Chitin, Lignin, Faserproteine | Fischdarm, Pflanzenreste |
Algen | 10-100 µm | Grünalgen, Diatomeen, Cyanobakterien | Vermehrung im nährstoff- reichen Wasser |
Bakterien | 1-10 µm | Einzelzellen und Aggregate | Vermehrung im nährstoff- reichen Wasser |
Kalk | 1-100 µm | Calciumcarbonat | chemische Ausfällung oder pH-Anstieg |
Metallhydroxide | 0-100 µm | Eisen- oder Aluminiumhydroxide | Hydrolyse von gelösten Metallsalzen, Abbau von Fetrilon |
Gasblasen | 100-1000 µm | Luft oder Sauerstoff | Diffusor, Abschäumer, Belüftung, Assimilation |
Werden Eisenchelate im Aquarium mikrobiologisch abgebaut, so wird das freiwerdende Eisen ebenfalls ausgefällt. Im Meer wird Kalk im großen Maße ausgefällt und bildet anschließend dicke Sedimentschichten. Bedingung ist die Überschreitung des Löslichkeitsprodukts von Calciumcarbonat, meistens durch Senkung des C02-Gehalts durch assimilierende Algen.
Trübstofftypen und ihre Herkunft
In der Tabelle werden im oberen Teil anorganische Trübstoffe aufgelistet, im unteren Teil organische Trübstoffe. In der Natur und im Aquarium können gemischte Partikel auftreten. Z.B. sind Partikel häufig von Bakterien besiedelt. Die anorganischen Trübstoffe sind, wie schon erwähnt, keine Indikatoren für schlechtes Wasser. Denken Sie an die Weißwasserflüsse in den Tropen! Im Aquarium treten selten anorganische Trübungen auf und sind leicht sedimentierbar oder filtrierbar. Lediglich Tontrüben können bei lehm- oder tonhaltigem Boden zum Problem werden. Hier hilft nur Austausch des Bodens. Selbst das Abdecken mit Kies hilft nur dann, wenn keine Stengelpflanzen kultiviert werden, die ja häufig von unten eingekürzt werden müssen.Zelldichten verschiedener Wassertypen
Wassertyp | Zelldichte (pro ml) | Aussehen |
Gutes Aquarienwasser | ~ 105 | klar |
Schlechtes Aquarienwasser | > 106 | schwach trübe |
Rhumequelle | ~ 105 | klar |
Unterelbe | ~ 107 | stark trübe |
Die organischen Trübstoffe sind z.T. Schlechtwasserindikatoren, aber nicht ohne weiteres von anorganischen Trübstoffen unterscheidbar.
Kolloide sind relativ kleine Partikel an der Grenze der Sichtbarkeit. Die Huminstoffe im Aquarium sind durch ihre gelbe bis braune Farbe eher erkennbar als durch Trübung. In natürlichen Wässern ist die Braunfärbung meistens mit Trübung kombiniert. Das Schwarzwasser der Tropen ist durch Huminstoffkolloide gefärbt.
Detritus besteht aus wasserunlöslichen Restsubstanzen der Verdauung oder des Abbaus biologischen Materials. Die Teilchen sind meistens mit Bakterien besiedelt.
Algentrübungen werden durch ein hohes Nährstoffangebot bei stagnierendem Pflanzenwuchs induziert. Hier helfen am besten schnellwüchsige Stengel- oder Rosettenpflanzen, die intensiv Nährstoffe akkumulieren und damit einen Minimumfaktor für die Algen induzieren.
Im Aquarium treten hauptsächlich Cyanobakterien als Verursacher von Wasserblüten auf, in der Natur kommen noch Algenflagellaten hinzu. Über den Beitrag der Bakterien zur Trübung wurde schon einiges gesagt. "Kleinere" Konzentrationen sind nicht sichtbar, weil ihr Streuungsbeitrag gering ist. Problematische Konzentrationen kann man z.B. sichtbar machen, indem man im Dunkeln den Strahl einer Taschenlampe quer durchs Becken lenkt und aus einem rechten Winkel betrachtet.