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Interview mit Harry Zwahlen, DGLZ Schweiz und Terrarianer

Interview mit Harry Zwahlen, DGLZ Schweiz und Terrarianer

Interview - Harry Zwahlen, DGLZ Schweiz und Terrarianer Teil 2 - Terraristik

Im 2. Teil des Interviews jetzt zur Terraristik! Du bist auch begeisterter Terrarianer - welche Arten hältst Du noch bei Dir zuhause? Für welchen Bereich der Terraristik interessierst Du Dich am meisten?

Ich mag große Gehege für kleine Tiere, und ich gestalte gerne Terrarien nach dem Vorbild der Natur. Die Ameisen haben es mir besonders angetan. Ich bin von ihrem Wesen und der Eleganz fasziniert. Im Wohnraum habe ich fünf bepflanzte Terrarien mit je einem Ameisenstaat.

Interview Harry ZwahlenZwei tropisch bepflanzte Terrarien sind für Vogelspinnen vorbereitet: Caribena versicilor. Dann halte ich eine Gruppe nordafrikanischer Zwerg-Geckos, Tropiocolotes steudneri und australische Baumskinke, Egernia striolata. Bei den Baumskinken handelt es sich um einen Stamm, der von Paul Heinrich Stettler vor gut sechzig Jahren aufgebaut wurde, und den ich von ihm Anfang 2000 übernehmen durfte.

Zu den Ameisen! Würdest Du uns da genaueres erzählen? Was gibt es für verschiedene Ernährungs-Gewohnheiten und wie läuft so ein System in einer Kolonie ab? Die Blattschneideameisen sind besonders faszinierend - aber gibt es noch andere Ameisen-Arten mit speziellen Überlebens-Strategien?

Interview Harry ZwahlenDie Blattschneiderameisen sind besonders eindrücklich durch ihr Verhalten und die meist großen Nestbauten. Die Arbeiterinnen schneiden Blätter ab und transportieren sie ins Nest. Hier wird Grünzeug zu einer Masse zerkaut, die einem Speziellen Pilz als Nahrung dient. Teile des Pilzes werden dann an die Ameisenbrut verfüttert. Neu gründende Königinnen haben einen kleinen Vorrat des edlen Pilzes aus dem Mutternest mitgenommen, für ihre Brut. Auch Treiber und Wanderameisen haben riesige Völker, diese sind aber immer wieder auf Wanderung mitsamt ihrer Brut und der Königin. Sie bauen keine richtigen Nester, sondern siedeln, z.B. zwischen Baumwurzeln oder ähnlichen Kluften. Ihre Nahrung besteht aus kleinen Tieren, die sie überwältigen.

Meine Ameisen sind nicht so spektakulär. Ich halte fünf verschiedene Ross-Ameisen der Gattung Camponotus und die Ernteameise Messor spec. af capitatus.

Interessant sind alle Ameisen, auch bei unseren gibt es viele "AHA - Momente". In Mitteleuropa leben ca. 150 Arten von 1,2mm bis 18mm Länge, mit Koloniegrößen zwischen 30 und mehreren 1000 Tieren, da gibt es Jäger, Sammler, Diebe, Soldaten, Sklavenhalter, aber auch Viehzüchter, Melker und Nektar-Schlecker. Die Jungköniginnen gründen, je nach Art selbständig, oder zu mehreren, werden adoptiert, oder übernehmen mit List den Staat einer anderen Art. Da gäbe es sehr viel zu berichten...

Du blickst auf eine langjährige Erfahrung zurück. Gab es in dieser Zeit Arten, die Dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Interview Harry ZwahlenDa muss ich nicht lange überlegen. Mit sechzehn habe ich mir einen Skorpion gekauft. - Meine Mutter hatte nur gesagt, ich dürfe keine Mäuse und keine Schlangen in die Wohnung bringen. - Nach anfänglicher Zurückhaltung, wurde das schöne Tier immer spannender für die Eltern und meine ältere Schwester. Sie hat ihm dann den Namen Detlev gegeben, und jetzt war er endgültig in der Familie angekommen. Detlev war noch nicht ausgewachsen und musste sich noch häuten. An einem Morgen vor der Schule hat er damit angefangen. Ich konnte den Beginn mit der Kamera fotografieren, doch weil ich dann zur Schule musste, hat meine liebe Schwester den Rest fotografiert. Detlev lebte als Erwachsener noch zwölf Jahre und wurde Vater von acht Jungen...

Käfer sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Es gibt ganz tolle Käfer-Arten, die von versierten Haltern gezüchtet werden. Hast Du hier Arten, die Dir besonders gefallen, die Du vielleicht schon gehalten hast oder dies noch vorhast?

Interview Harry ZwahlenJa, wie manche Terrarianer habe ich mit Käfern zu tun, z.B. Mehlkäfer und andere Schwarzkäfer und Kongorosenkäfer, die auch als Futtertiere gezüchtet werden. Mich interessieren aber mehr die Laufkäfer und die Wüstenlaufkäfer. Die größeren Arten ernähren sich von anderen Tieren, die sie jagen oder von Aas. Einige dieser Käfer können mehrere Jahre alt werden. Zurzeit halte ich keine Käfer....

Welche Erfahrungen hast Du noch mit anderen Terrarien-Bewohnern? Hast Du auch andere Echsen-Arten oder vielleicht Schildkröten gehalten? Gibt es etwas in Bezug zur Terraristik, was Dir wichtig ist und das Du erwähnen möchtest?

Interview Harry ZwahlenDie oben erwähntem Baumskinke gehören auch zu meinen Lieblingen. Die Tiere leben in gewachsenen Gruppen zusammen. Sie fressen Blätter, Blüten, Früchte und Insekten, dadurch ergeben sich viele Möglichkeiten, die Fütterung zu gestalten. Das Weibchen bekommt nach langer Tragzeit bis zu vier Junge, die von der ganzen Gruppe in Ruhe gelassen werden. Es sind schöne und spannende Tiere. Ich werde für die Echsen auch noch einen guten Platz finden müssen, habe da auch schon Ideen.

Früher hatte ich Moschusschildkröten gehalten, Sternotherus minor. Die schwammen bei mir zusammen mit Hochlandkärpflingen, Xenotoca lyonsi, Schwertträgern und Mollys. Ich habe in jener Zeit ähnliche Beobachtungen und Überlegungen gemacht, wie Du liebe Helga, bezüglich der positiven Wirkung von Schildkrötenkot auf die Gesundheit der Fische.

Leider sind bei mir die Schildkröten auf den Geschmack gekommen und haben angefangen die Fische, hauptsächlich die sehr neugierigen Hochlandkärpflinge zu fressen. Die Schildkröten leben seitdem bei einem Freund am Zürisee.

Und nun zu den Pflanzen, die oft etwas zu kurz kommen. Du bist auch in Hinblick auf Pflanzen recht erfahren und kennst Dich gut aus. Kann man das so sagen? Was kannst Du uns von Pflanzen und ihrem "Einsatz in der Aquaristik oder Terraristik" erzählen?

Wie schon erwähnt habe ich Spaß daran meine künstlichen Lebensräume möglichst naturnah zu gestalten. Die meisten meiner Aquarien sind Poolbecken, die eignen sich gut für eine Uferbepflanzung. Viele Aquarienpflanzen sind Sumpfpflanzen und bilde über Wasser andere Blätter aus und, wenn man Glück hat, blühen sie auch. Hierzu gehören die Echinodorus und Anubias Arten, auch das Papageienblatt und etliche mehr. Auf der anderen Seite haben wir auch einige Topfpflanzen, im besonderen Aaronstabgewächse wie, Philodendron, Monstera, Epipremnum und andere zur Hand, diese wachsen quasi in Hydrokultur aus dem Aquarium und entziehen dem Wasser Nitrat und Phosphor. Zudem bilden sie ein attraktives Wurzelgeflecht. Wenn man sich die Uferbereiche unserer und tropischer Gewässer anschaut, sieht es dort auch so aus. Bei uns sind es Weidenwurzeln oder Schilf und Rohrkolben usw.

Als Besonderheit wächst bei mir in einem Becken eine zierliche Pandanus Art. Ich habe sie vom Tierpark Dählhölzli erhalten und Ableger auch schon nach Tirol gebracht. In der Natur wachsen diese, auch als Schraubenbäume benannten Pflanzen mit Stelzwurzeln, oft nah am oder im Wasser.

Leider sind wir am Ende des Interviews angelangt. Gibt es noch etwas, das Du sagen möchtest? Sei es im Hinblick auf die Aquaristik, Terraristik oder andere Themen...

Ja, ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen zu einer inneren Gelassenheit finden, die schönen Dinge genießen können und Probleme überlegt angehen. Mit einem guten Umgangston kommt man gemeinsam an.

Diese Zeilen habe ich schon letztes Jahr formuliert, aber sie gelten auch in dieser schwierigen Situation.

Ich danke Dir, liebe Helga, für Deine Zeit.

Vielen Dank auch Dir Harry, für Deine Zeit und das Interview!

Alle Fotos: Harry Zwahlen

Helga Kury für www.einrichtungsbeispiele.de

Titel: Interview mit Harry Zwahlen, DGLZ Schweiz und Terrarianer