Interview mit Michael Köck, Kurator des Haus des Meeres in Wien

Du bist Kurator im Haus des Meeres in Wien und hast im Keller eine tolle Anlage, wo Du Dich um die Erhaltungs-Zucht der Mexikanischen Hochlandkärpflinge kümmerst.
Würdest Du unseren Lesern verraten, wie es dazu gekommen ist?
Sehr gern Helga! Mein Interesse an Hochlandkärpflingen reicht weit zurück, ganz genau ins Jahr 1998, wo ich die ersten Tiere für eine Aquarienausstellung der Favoritner Zierfischfreunde, bei denen ich damals Mitglied war, erstand. Nach und nach wuchs meine Leidenschaft und nachdem ich 2009 schlussendlich die internationale Goodeid Working Group gegründet hatte, übersiedelte ein Teil von ihnen zum Aufbau einer Erhaltungszucht zu meinem Arbeitgeber, dem Haus des Meeres in Wien. Zoos der obersten Kategorie A, zu der auch das Haus des Meeres zählt, haben sich neben verschiedenen anderen Aufgaben auch der Arterhaltung verschrieben, und Mexikanische Hochlandkärpflinge passten aufgrund ihrer Temperatur- und Raumansprüche sehr gut in unser Konzept. Nach und nach wuchs die Anlage, wozu sicher diverse Berichte über den von mir holprig genannten Vielschuppigen Grundkärpfling, dem damals seltensten Fisch der Welt, hilfreich waren, und heute verkörpert sie die mit Abstand weltgrößte Erhaltungszuchtanlage dieser Fischgruppe. Viele glückliche Umstände griffen also ineinander, auch der eine oder andere unerwartete Fischfund in Mexiko, sonst wäre die Anlage nicht von dem Umfang und in dem Zustand, in dem sie heute ist.
Wie gefährdet sind diese Fische? Und was sind die Hauptgründe für ihr Verschwinden?

Was sind Mexikanische Hochlandkärpflinge eigentlich? Viele von uns kennen andere Lebendgebärende wie Guppy, Platy, Molly oder Schwertträger. Doch bei den "Goodeiden" gibt es vor allem in Anbetracht der Fortpflanzung einige Unterschiede.

Mexikanische Hochlandkärpflinge sind nicht so zu halten, wie andere tropische Zierfische. Vor allem die Temperatur muss man beachten. Was sind hier Deine Erfahrungen auch in Anbetracht der Fütterung?

Bezüglich der Fütterung sollte man auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arten Rücksicht nehmen. Einige Arten sind hauptsächlich Vegetarier während andere wiederum Räuber sind, wobei sich die Beute je nach Art zwischen kleinen Fischen und Kleinkrebsen bewegt. Die meisten Arten sind jedoch mehr oder weniger Allesfresser. Dementsprechend können Frost- und Lebendfutter, Futtermittel auf pflanzlicher Basis, aber auch viele Sorten an Trockenfutter verwendet werden. Bei uns im Haus des Meeres erhalten sie einmal täglich Artemia - Nauplien sowie bei der Hauptfütterung Flocken- oder Granulat-Futter unterschiedlicher Zusammensetzung oder gefriergetrocknete Artemien respektive gefrorene Daphnien und Rote Mückenlarven für einige Arten. Größere Arten erhalten auch gefrorene Bachflohkrebse oder auch Stint- bzw. Muschelfleisch.
Wie viele Arten hältst Du bei Dir im Haus des Meeres? Und welche liegen Dir besonders am Herzen?
Einfach ausgedrückt alle. Also zumindest alle, die beschrieben sind, sowie zumindest drei weitere, die noch der Beschreibung harren. Aktuell im Februar 2018 sind es genau 90 unterschiedliche Populationen. Die Frage nach denen, die mir besonders am Herzen liegen, ist dagegen schwierig zu beantworten und wechselt auch immer wieder. Es sind natürlich zu einem großen Teil die wirklich seltenen Arten, die außer uns nur wenige pflegen, aber auch Stämme, die alt sind oder die nur wir als einzige halten. Es gibt aber einige Dauerbrenner, wie die Arten der Gattung Allotoca oder die verschiedenen Formen von Xenotoca variata, obwohl diese Art in ihrer Gesamtheit nicht zu den gefährdeten zählt.
Deine Anlage im Haus des Meeres in Wien ist sehr beeindruckend. Da steckt eine Menge an Arbeit dahinter. Wie viele Becken hast Du stehen und wie filterst Du diese?
Es sind alles in allem 87 Aquarien unterschiedlicher Größe, die kleinsten haben in etwa 110 Liter, die größten 160. Dazu kommt noch ein 700 Liter Schaubecken im 2. Stock, in dem Besuchern diese Fischgruppe und die Aktivitäten des Haus des Meeres näher gebracht werden. Alle Aquarien werden über Hamburger Mattenfiler gefiltert, die allerdings im Gegensatz zur klassischen Methode mit kleinen Motorpumpen statt Lufthebern betrieben werden. Dadurch erspare ich mir das oftmalige Nachjustieren der Luftleistung. Ein größerer Abstand hinter der Filtermatte erlaubt mir, trächtige Weibchen abzusetzen bzw. Jungfische im selben Aquarium wie die Eltern groß zu ziehen. Geheizt wird kein einziges Aquarium, Wasserwechsel erfolgt bei allen mit Ausnahme des Schaubeckens mittels permanentem Wasserdurchfluss. Damit wird zum einen eine gleichmäßig hohe Wasserqualität gewährleistet und zum anderen lässt sich durch eine unterschiedlich große Wassermenge beim Betropfen die Temperatur in den Aquarien variieren. Vom Arbeitsaufwand investiere ich täglich etwa eine Stunde, die sich aus Scheiben putzen, Mulm absaugen und füttern zusammensetzt, ist also bei knapp 90 Aquarien doch recht überschaubar.
Langsam kommen wir zum Ende des Interviews. Wir hoffen, dass es mit den Kärpflingen bergauf geht und sich vielleicht auch einige private Halter für diese außergewöhnlichen Fische interessieren werden. Möchtest Du vielleicht noch etwas sagen, was Dir wichtig wäre z.B. in Bezug auf die private Haltung?
In Bezug auf die private Haltung sind es vor allem zwei Punkte, die mir wichtig sind. Zum einen soll man den Tieren die ihnen nötige Aufmerksamkeit zukommen lassen. Wenn bei einer Art kühle Wintertemperatur und großzügige Wasserwechsel gefordert sind, dann ist eine Haltung im Gesellschaftsbecken mit Roten Neons und einem Drittelwasserwechsel einmal im Monat falsch und wird auch nicht richtiger, wenn man es probiert. Mexikanische Hochlandkärpflinge sind als hauptsächliche Quell- und Bachbewohner keine Fische für nebenbei. Gepaart mit der Gefährdung vieler Arten verlangt dies eben eine entsprechende Seriosität in der Haltung. Der zweite Punkt, der mir wichtig ist, ist die genaue und gewissenhafte Dokumentation ihrer Herkunft. Es ist mir gerade im letzten Jahr mehrere Male passiert, dass Privatzüchtern, die von mir Tiere bekommen hatten, die dazu gelieferten Fundortangaben verloren gingen. In einem Fall wurde ein Fundort erdichtet und einmal einer aufgrund von Fotovergleich im Internet ermittelt". Wo ist das Problem, könnte man nun sagen, reicht es nicht, wenigstens den Artnamen zu haben? Abgesehen davon, dass ich da auch schon das absonderlichste, selbst bei Fachleuten gesehen habe: nein, ist es nicht.
Ein aktuelles Beispiel: Der gut bekannte Banderolenkärpfling Xenotoca eiseni wurde im Jahr 2016 in drei Arten aufgespalten und jetzt haben wir in der Aquaristik plötzlich die Situation, dass viele Züchter verunsichert sind, welche Art sie daheim haben. Mit Fundort wäre das ein Kinderspiel, aber vielen Züchtern war der oft nur lästig. Wenn dann noch immer wieder Tiere aus unterschiedlichen Quellen dazu gekauft wurden, kann man sich vorstellen, mit welcher Problematik wir aktuell konfrontiert sind. Von den wenigstens Stämmen außerhalb einschlägiger Züchtergemeinschaften wissen wir, dass sie artenrein sind. Nachdem dies aber schon seit fünfzig Jahren so gehandhabt wird, sind vorsichtig geschätzt 95% der Banderolenkärpflinge für die Erhaltungszucht aus diesem Grund nutzlos. Das wäre von Anfang an mit einer gewissenhaften Dokumentation leicht zu vermeiden gewesen.
Vielen Dank für das tolle Interview! Dann hoffen wir, dass sich noch einige Leute für diese wunderschönen und außergewöhnlichen Tiere interessieren werden. Wer Interesse an Mexikanischen Hochlandkärpflingen hat, der kann Michael gerne anschreiben. Unter den unten genannten Links findet man weitere Informationen...
Und wer sich in Wien befinden sollte - das Haus des Meeres ist immer einen Besuch wert!!
Die Goodeid Working Group: www.goodeidworkinggroup.com
Die Goodeidae-Group auf Facebook: https://www.facebook.com/groups/35559462549/
Das Haus des Meeres in Wien: https://www.haus-des-meeres.at/
Helga Kury für Einrichtungsbeispiele.de
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