Tigerschnegel im Garten - Nützling mit Grenzen
Der Tigerschnegel (Limax maximus) hat in den letzten Jahren einen unerwarteten Imagewandel durchlebt. Während Nacktschnecken allgemein als Plage gelten, wird dieser große, auffällig gemusterte Vertreter zunehmend als willkommener Gast im Garten gepriesen. Als Nützling im Kampf gegen andere Schneckenarten wird er sogar regelrecht gefeiert.
Zwischen Aasfresser und Räuber
Der Tigerschnegel ist kein typischer Pflanzenschädling. Frisches Grün, wie es die Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris) bevorzugt, interessiert ihn kaum. Stattdessen ernährt sich Limax maximus hauptsächlich von abgestorbenen Pflanzenteilen, Pilzen, Algen und sich zersetzendem Material. Damit leistet er tatsächlich einen Beitrag zur Zersetzung organischer Substanz im Garten, ein ökologisch wertvoller Prozess.
Seine Rolle als Schneckenjäger hingegen wird oft überhöht dargestellt. Zwar frisst der Tigerschnegel gelegentlich Gelege anderer Schneckenarten und kann auch geschwächte oder tote Artgenossen verwerten. Doch von einer gezielten Jagd auf lebende Nacktschnecken kann nicht die Rede sein. In seltenen Fällen wird beobachtet, wie er kleinere oder verletzte Schnecken frisst, doch dies scheint eher opportunistisches Verhalten als systematische Feindseligkeit zu sein. Die Vorstellung, dass Limax maximus ganze Populationen von Wegschnecken dezimiert, ist daher nicht haltbar.
Unauffälliger Helfer in der Nacht
Wer Tigerschnegel im Garten hat, sollte sich dennoch über deren Anwesenheit freuen. Die Tiere sind dämmerungs- und nachtaktiv, sehr ortstreu und bevorzugen feuchte Verstecke wie Mauerritzen, Holzstapel oder Kompostbehälter. Dort halten sie das Mikroklima stabil und tragen zur biologischen Vielfalt bei. Besonders im Kompost sind sie nützlich, da sie schwer zersetzbares Material wie verpilzte Pflanzenteile oder Reste von Aas aufnehmen.
Trotzdem sollte ihre Wirkung nicht überschätzt werden. Gegen massenhafte Vorkommen invasiver Schneckenarten sind Tigerschnegel allein keine Lösung. Wer im eigenen Garten Wert auf ein ausgewogenes Gleichgewicht legt, kann die Tiere aber gezielt fördern: keine chemischen Schneckenkörner, naturnahe Strukturen und ausreichend Rückzugsorte schaffen ein geeignetes Umfeld.
Ein Blick auf das Ganze
Der Tigerschnegel ist ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alle Nacktschnecken automatisch Schädlinge sind. Seine spezielle Lebensweise macht ihn zu einem interessanten und nützlichen Mitbewohner im Garten, wenn auch mit begrenztem Einfluss auf andere Schneckenarten. Wer ihn erkennt und schützt, unterstützt die Vielfalt im Bodenökosystem und setzt auf natürliche Prozesse statt auf Bekämpfung.
Statt ihn zum Retter im Kampf gegen die Spanische Wegschnecke hochzustilisieren, ist es sinnvoller, Limax maximus als das zu sehen, was er wirklich ist: ein wertvoller Teil des biologischen Kreislaufs.
Autorin: Caroline Haller für www.einrichtungsbeispiele.de





