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15.05.2025 von Tom

Das Jaubert-System - Eine natürliche Alternative zur Techniklastigkeit

Das Jaubert-System - Eine natürliche Alternative zur Techniklastigkeit
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In der Welt der Meerwasseraquaristik gibt es viele verschiedene Methoden, ein stabiles und funktionierendes Ökosystem im heimischen Aquarium zu schaffen. Neben der weitverbreiteten Methode mit Abschäumer, Technikbecken und hochentwickelter Filtertechnik gibt es auch alternative Ansätze, die auf natürliche Prozesse setzen. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Methoden ist das Jaubert-System – auch bekannt als „Plenum-Methode“. Entwickelt von Dr. Jean Jaubert, basiert dieses System auf biologischer Filterung durch ein spezielles Substrataufbau, das die natürlichen Selbstreinigungsprozesse des Meeresbodens nachbildet.

Das Jaubert-System gilt als besonders stromsparend, leise und nachhaltig. Es verzichtet größtenteils auf komplexe Technik, benötigt aber dafür ein sehr gutes Verständnis der biologischen Vorgänge im Aquarium. In diesem Artikel erfährst du detailliert, wie du ein Meerwasseraquarium erfolgreich nach dem Jaubert-System betreibst, welche Vor- und Nachteile es hat, worauf du bei der Einrichtung achten musst und wie du dein Becken langfristig stabil hältst.

Der Betrieb eines Meerwasseraquariums nach dem Jaubert-System im Detail

Was ist das Jaubert-System genau?

Das Jaubert-System ist eine naturnahe Methode der biologischen Filterung, die ohne Abschäumer, Technikbecken oder andere mechanische Filter auskommt. Der zentrale Bestandteil ist ein spezieller Bodenaufbau mit einem sogenannten Plenum, einer mit Luft oder Wasser gefüllten Kammer unter dem Bodengrund. Darüber liegt eine Schicht aus grobem und feinem Korallensand. Diese Bodenschicht dient als anaerober Lebensraum für bestimmte Bakterien, die Nitrat in Stickstoff umwandeln – ein Prozess, der für die Stickstoffkreislaufstabilität essentiell ist.

Der Aufbau eines Jaubert-Aquariums – Schritt für Schritt

1. Auswahl des Aquariums

Grundsätzlich ist das Jaubert-System für alle Aquariengrößen geeignet, ideal ist jedoch ein Becken mit mindestens 100 Litern Volumen, um stabile Verhältnisse zu schaffen. Je größer das Volumen, desto stabiler das System – das gilt insbesondere für diese Methode, die auf natürliche Stabilität setzt.

2. Das Plenum – das Herzstück des Systems

Das Plenum ist eine ca. 1–2 cm hohe, wasser- oder luftgefüllte Kammer unter dem eigentlichen Bodengrund. Es wird in der Regel mit einem Gitter oder Kunststoffplatten (z. B. Lichtgitter aus dem Baumarkt) erstellt, das auf kleinen Füßen steht. Auf dieses Gitter kommt ein Vlies oder Netz, um zu verhindern, dass Sand hindurchrieselt.

3. Der Bodengrund

Über das Plenum wird eine 10–12 cm dicke Sandschicht aus Aragonitsand oder feinem Korallensand aufgeschüttet. Der Sand sollte unterschiedliche Korngrößen haben – grober Sand unten, feiner oben. Die tieferen Schichten werden später anaerob (sauerstoffarm), was für den Nitratabbau entscheidend ist.

4. Lebendgestein und Dekoration

Lebendgestein ist ein essenzieller Bestandteil des Jaubert-Systems. Es bringt nicht nur eine Vielzahl von nützlichen Mikroorganismen ins Aquarium, sondern dient auch als zusätzlicher biologischer Filter. Wichtig ist, dass das Gestein nicht flächig auf dem Sand aufliegt, sondern aufgeständert wird, damit der Bodengrund „atmen“ kann.

5. Beleuchtung

Da das Jaubert-System auf natürliche Prozesse setzt, ist eine gute Beleuchtung essenziell – insbesondere wenn du Korallen pflegen möchtest. LED-Lichtsysteme mit speziellem Meerwasser-Spektrum sind energieeffizient und weit verbreitet. Die Beleuchtungsdauer sollte sich an den natürlichen Lichtverhältnissen orientieren (etwa 10–12 Stunden täglich).

6. Strömung

Obwohl das Jaubert-System ohne starke Strömung auskommt, ist eine sanfte Umwälzung des Wassers notwendig, um Sauerstoffversorgung und die Bewegung feiner Nährstoffe sicherzustellen. Eine einzige, schwache Strömungspumpe reicht oft aus. Der Sandboden darf jedoch nicht aufgewirbelt werden – das würde die empfindliche Mikrostruktur zerstören.

7. Technik – Minimalismus ist Trumpf

Ein Jaubert-Becken benötigt weder Abschäumer noch Technikbecken. Lediglich ein Heizstab (je nach Raumtemperatur), eine Pumpe für die Wasserumwälzung und eine Beleuchtung sind erforderlich. Das macht das System besonders kosteneffizient und wartungsarm.

Einfahren und Pflege des Jaubert-Aquariums

Die Einfahrphase

Nach dem Aufbau sollte das Becken mehrere Wochen ohne Tiere laufen. Die Bakterienkulturen im Sand und im Lebendgestein müssen sich entwickeln, bevor das Aquarium biologisch stabil ist. Erste Wasserwerte solltest du ab der zweiten Woche regelmäßig messen, insbesondere Ammonium, Nitrit und Nitrat. Erst wenn diese Werte stabil sind, können erste Tiere einziehen.

Besatz

Das Jaubert-System ist ideal für eine Vielzahl von Weich- und LPS-Korallen, aber auch für robuste Fische wie Clownfische, Grundeln oder Kardinalbarsche. Aufgrund der limitierten Technik sollte der Besatz nicht zu hoch sein. Weniger ist hier mehr – das System lebt von Balance, nicht von maximalem Output.

Pflege und Wartung

Regelmäßige Wasserwechsel (etwa 10 % pro Woche) sind empfehlenswert, um Spurenelemente zuzuführen und Schadstoffe zu entfernen. Der Sand sollte nicht durchgesaugt werden – die Mikroflora ist sehr empfindlich. Auch das Plenum darf keinesfalls beschädigt oder geöffnet werden.

FAQs zum Jaubert-System

1. Ist das Jaubert-System für Anfänger geeignet?
Ja, mit Einschränkungen. Wer bereit ist, sich intensiv mit den biologischen Grundlagen auseinanderzusetzen und Geduld mitbringt, kann auch als Anfänger erfolgreich ein Jaubert-Becken betreiben.

2. Wie lange dauert die Einfahrphase?
In der Regel 6–8 Wochen. Danach können erste Tiere einziehen, sofern die Wasserwerte stabil sind.

3. Muss ich trotzdem Wasserwechsel machen?
Ja, regelmäßige Wasserwechsel sind weiterhin wichtig – insbesondere zur Versorgung mit Spurenelementen und zur Reduktion von Schadstoffen.

4. Was passiert, wenn der Sand zu sehr durchwühlt wird?
Das kann zu einer Freisetzung von Schwefelwasserstoff führen, was sehr gefährlich für die Aquarienbewohner ist. Daher sollten grabende Tiere wie bestimmte Seesterne oder Schnecken nur mit Bedacht eingesetzt werden.

5. Kann ich auch SPS-Korallen im Jaubert-System halten?
Grundsätzlich ja, allerdings ist das System für LPS und Weichkorallen besser geeignet. SPS benötigen oft mehr Strömung und perfektere Wasserwerte, was mit dem minimalistischen Ansatz schwieriger umzusetzen ist.

Fazit: Das Jaubert-System – Natürlich, leise und effizient

Das Jaubert-System ist eine faszinierende Möglichkeit, ein Meerwasseraquarium nahezu autark und mit minimaler Technik zu betreiben. Es beruht auf einem tiefen Verständnis natürlicher Kreisläufe und belohnt den Aquarianer mit einem stabilen, wartungsarmen System, das nahezu geräuschlos läuft. Besonders für Aquarianer, die den technischen Overload moderner Riffsysteme scheuen und sich eine naturnahe Alternative wünschen, ist das Jaubert-System eine hervorragende Wahl.

Zugegeben: Der Einstieg erfordert Geduld, Wissen und Präzision – aber wer diese Herausforderung annimmt, wird mit einem einzigartigen, lebendigen Ökosystem belohnt, das in seiner Natürlichkeit kaum zu übertreffen ist. Und nicht zuletzt: Es ist ein kleiner, funktionierender Ozean in deinem Wohnzimmer – ganz ohne Hightech.

Tom

Userbild von TomTom ist Administrator*in von EB und stellt 12 Beispiele vor. In den Bereichen Malawisee, Tanganjikasee, Victoriasee, West- / Zentralafrika, Südamerika, Mittelamerika, Amerikagesellschaftsbecken, Asien/Australien, Gesellschaftsbecken, Wasserchemie, Fragen zu einrichtungsbeispiele.de steht er/sie den Usern bei Fragen kompetent als Anspechpartner zur Seite.

Titel: Das Jaubert-System - Eine natürliche Alternative zur Techniklastigkeit (Artikel 6927)

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