Fische aus der Natur im Aquarium halten - Ist das legal?
Die Vorstellung klingt verlockend: Ein Spaziergang am See, ein kleiner Kescher in der Hand, und schon schwimmen ein paar faszinierende Wildfische im Eimer, bereit, ins heimische Aquarium einzuziehen. Für viele Natur- und Aquaristikfreunde wirkt der Gedanke, Fische direkt aus der Natur zu holen, spannend und ursprünglich. Schließlich sind die meisten unserer Aquarienbewohner ursprünglich Wildfänge oder deren Nachzuchten.
Doch sobald man genauer hinschaut, wird klar: Die Frage „Darf man Fische aus der Natur fangen und dann im Aquarium halten?“ ist rechtlich, ökologisch und ethisch weitaus komplexer, als sie zunächst scheint. In Deutschland und den meisten europäischen Ländern gibt es klare Regeln, die sowohl den Schutz der Arten als auch das Wohl der Tiere betreffen. Zudem muss man bedenken, dass Wildtiere besondere Anforderungen haben und oft nicht an die Bedingungen eines Aquariums gewöhnt sind.
In diesem Artikel erhältst du eine umfassende Übersicht, die nicht nur rechtliche Grundlagen abdeckt, sondern auch ökologische Zusammenhänge, ethische Überlegungen, potenzielle Gefahren und Alternativen. Ziel ist es, dir alle relevanten Informationen an die Hand zu geben, um eine fundierte Entscheidung zu treffen – und dabei den Schutz der Natur sowie das Wohl der Tiere im Blick zu behalten.
Rechtliche Grundlagen in Deutschland
Bevor man überhaupt daran denkt, einen Kescher ins Wasser zu halten, sollte man wissen, dass das Fangen von Fischen aus der Natur in Deutschland stark reguliert ist.
Fischereirecht und Genehmigungen
In Deutschland ist das Fischereirecht Ländersache. Das bedeutet, jedes Bundesland hat eigene Gesetze, die den Fang und Besitz von Fischen regeln. Grundsätzlich gilt:
- Das Fangen von Fischen in Gewässern ist in der Regel nur mit gültigem Fischereischein erlaubt.
- Zusätzlich benötigt man oft eine Erlaubniskarte für das jeweilige Gewässer, die vom Eigentümer oder vom zuständigen Fischereiverein ausgestellt wird.
- Selbst kleine, unscheinbare Fische wie Moderlieschen oder Dreistachlige Stichlinge fallen unter diese Regelungen.
Schonzeiten und Mindestmaße
Selbst wenn du eine Genehmigung hast, gibt es strenge Vorschriften zu Schonzeiten und Mindestmaßen, die den Bestand schützen sollen. Viele Arten dürfen nur außerhalb ihrer Laichzeiten gefangen werden und müssen eine bestimmte Größe erreicht haben, bevor sie entnommen werden dürfen.
Geschützte Arten
Einige Arten sind nach der Bundesartenschutzverordnung oder der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie streng geschützt. Das bedeutet:
- Sie dürfen weder gefangen noch gehalten werden.
- Das gilt auch für das bloße Entnehmen zum „kurzen Anschauen“.
Ein Beispiel sind der Bitterling (Rhodeus amarus) oder der Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis), die in vielen Bundesländern als stark gefährdet gelten.
Ökologische Aspekte
Selbst wenn es legal wäre, Fische aus der Natur zu entnehmen, stellt sich die Frage: Ist es ökologisch sinnvoll?
Eingriff ins Ökosystem
Jeder Fisch ist Teil eines komplexen Nahrungsnetzes. Wenn du ihn entnimmst, hat das Auswirkungen:
- Er fehlt als Beutetier für Raubfische oder Vögel.
- Er frisst keine Algen oder Insektenlarven mehr, was das Gleichgewicht verschieben kann.
Gefahr für den Wildbestand
Bei seltenen oder regional begrenzten Arten kann schon eine geringe Entnahme den Bestand schwächen.
Übertragung von Krankheiten
Wildfische können Parasiten, Bakterien oder Viren ins Aquarium einbringen. Diese Erreger sind oft für Aquarienfische gefährlich und schwer zu behandeln.
Ethische Überlegungen
Neben Recht und Ökologie spielt auch Ethik eine große Rolle.
Stress und Anpassungsschwierigkeiten
Wildfische sind nicht an die Bedingungen eines Aquariums gewöhnt. Sie erleben den Fang, den Transport und die Eingewöhnung oft als starken Stress. Manche verweigern die Nahrungsaufnahme oder sterben früh.
Natürliches Verhalten
Viele Wildfische zeigen in Gefangenschaft nicht ihr vollständiges natürliches Verhalten. Territorialkämpfe, Fluchtinstinkte oder spezielle Fortpflanzungsrituale lassen sich im Aquarium oft nicht nachbilden.
Alternative: Nachzuchten
Im Handel erhältliche Fische stammen meist aus Zuchtanlagen oder Nachzuchten privater Halter. Diese Tiere sind an Aquarienbedingungen gewöhnt und stellen keine Gefahr für Wildbestände dar.
Praktische Probleme beim Fang und der Haltung
Artenbestimmung
Wer in der Natur fischt, muss die gefangenen Arten genau bestimmen können. Viele Fischarten sehen sich sehr ähnlich – eine falsche Bestimmung kann zu Verstößen gegen Artenschutzgesetze führen.
Transport und Eingewöhnung
Wildfische brauchen beim Transport ausreichend Sauerstoff und eine stabile Temperatur. Die Eingewöhnung ins Aquarium ist schwierig, da sich die Wasserwerte stark von denen des Herkunftsgewässers unterscheiden können.
Langfristige Haltung
Wildfische haben oft besondere Ansprüche an Strömung, Wasserchemie und Futter. Manche benötigen lebendes Futter, das nicht jeder bereitstellen kann.
Was ist erlaubt?
Unter bestimmten Bedingungen kann das Fangen von Fischen legal sein – aber es ist eher die Ausnahme.
- Du brauchst eine gültige Fischereilizenz und die Erlaubnis für das Gewässer.
- Du musst dich an Schonzeiten, Mindestmaße und Artenschutzbestimmungen halten.
- Du musst in der Lage sein, die Tiere artgerecht zu halten.
Für viele Hobby-Aquarianer ist der Aufwand und das Risiko jedoch deutlich höher als der Nutzen.
Sinnvolle Alternativen zum Wildfang
Wer ein Aquarium mit heimischen Arten einrichten möchte, hat mehrere Alternativen:
Kauf von Nachzuchten
Viele Züchter bieten heimische Arten an, die aus legaler, nachhaltiger Zucht stammen.
Kooperation mit Zuchtvereinen
Aquarienvereine tauschen oft Nachzuchten untereinander aus.
Beobachtung in der Natur
Man muss nicht alles ins Aquarium holen – manchmal ist es spannender, Fische in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten, etwa beim Schnorcheln in klaren Bächen oder Seen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Frage 1: Brauche ich einen Angelschein, um Fische für mein Aquarium zu fangen?
Ja, in den meisten Fällen ist ein Fischereischein erforderlich. Auch kleine Fische für das Aquarium gelten als Fang, der unter die Fischereigesetze fällt.
Frage 2: Kann ich einfach mit einem Kescher an einen Bach gehen und ein paar Fische mitnehmen?
Nein, das ist fast überall verboten, wenn du keine Erlaubnis hast. Selbst Privatgewässer erfordern die Zustimmung des Eigentümers.
Frage 3: Sind Wildfische robuster als Zuchtfische?
Nicht unbedingt. Wildfische sind an ihre spezifische Umgebung angepasst und können im Aquarium unter Stress geraten.
Frage 4: Welche heimischen Arten eignen sich überhaupt fürs Aquarium?
Beispiele sind Moderlieschen, Stichlinge oder Elritzen – allerdings nur aus legalen, geprüften Zuchtbeständen.
Frage 5: Was passiert, wenn ich einen illegal gefangenen Fisch halte?
Es drohen Bußgelder, Beschlagnahmung der Tiere und im schlimmsten Fall strafrechtliche Konsequenzen.
Fazit
Das Fangen von Fischen aus der Natur und ihre Haltung im Aquarium ist in Deutschland rechtlich stark eingeschränkt, ökologisch oft problematisch und für die Tiere mit Stress verbunden.
Wer sich für Aquarienhaltung interessiert, sollte daher auf legale, nachhaltige Alternativen setzen – insbesondere auf Nachzuchten aus seriöser Quelle. So schützt man nicht nur die Wildbestände, sondern trägt auch dazu bei, dass das Aquarium ein artgerechtes und stabiles Zuhause bleibt.
Der Gedanke, einen Teil der Natur ins Wohnzimmer zu holen, ist nachvollziehbar. Doch der verantwortungsvolle Weg führt nicht über den Kescher am Seeufer, sondern über die bewusste Auswahl geeigneter Tiere aus legaler Herkunft. Nur so lassen sich Naturschutz, Tierwohl und Aquarienfreude miteinander in Einklang bringen.





