Maylandia oder Metriaclima: Was ist der richtige Name der Gattung?
Wenn sich Fischnamen ändern – ein Ärgernis oder ein wissenschaftlicher Fortschritt?
Für viele Aquarianer ist es eine frustrierende Erfahrung: Da pflegt man seit Jahren einen wunderschönen Malawi-Buntbarsch namens Maylandia lombardoi, tauscht sich in Foren aus, liest Fachliteratur und gibt Nachzuchten weiter – nur um dann plötzlich zu erfahren, dass dieser Fisch nun als Metriaclima lombardoi geführt wird. Oder war es doch wieder Maylandia? Diese Änderungen verwirren nicht nur Hobby-Aquarianer, sondern auch Händler, Züchter und sogar manche Wissenschaftler.
Warum passiert so etwas? Wieso ändern sich wissenschaftliche Namen von Fischen – manchmal sogar mehrfach? Und was bedeutet das für die Praxis im Aquarium?
In diesem Artikel werfen wir einen ausführlichen Blick auf die Ursachen, Prozesse und Konsequenzen von Namensänderungen in der Aquaristik – am Beispiel der beliebten Gattungen Maylandia und Metriaclima.
Grundlagen der wissenschaftlichen Namensgebung (Taxonomie)
Die wissenschaftliche Benennung von Lebewesen folgt festen Regeln, die durch den sogenannten International Code of Zoological Nomenclature (ICZN) geregelt sind. Dieser Code legt fest, wie Arten beschrieben, benannt und klassifiziert werden. Ziel ist es, eine weltweit einheitliche und stabile Systematik zu schaffen, die sowohl Wissenschaftlern als auch Praktikern als Grundlage dient.
Die Hierarchie der Taxonomie lautet:
- Domäne
- Reich
- Stamm
- Klasse
- Ordnung
- Familie
- Gattung
- Art
- Unterart (optional)
In der Aquaristik sind vor allem Gattung und Art relevant. Der wissenschaftliche Name eines Tieres besteht aus zwei Teilen (binäre Nomenklatur): Gattung und Art, z. B. Maylandia estherae.
Warum ändern sich Gattungsnamen?
Namensänderungen entstehen nicht aus Laune oder modischen Trends, sondern basieren auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Meistens liegen diesen Änderungen folgende Gründe zugrunde:
Neue Forschungsergebnisse (molekularbiologisch oder morphologisch)
Moderne Analysemethoden wie die DNA-Sequenzierung ermöglichen es, die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Arten viel genauer zu bestimmen als früher. Dabei stellt sich oft heraus, dass bestimmte Arten in eine andere Gattung gehören als ursprünglich angenommen.
Bei den Malawi-Buntbarschen war lange Zeit unklar, welche Arten tatsächlich zur Gattung Maylandia gehören und wie sie sich von anderen Gattungen wie Pseudotropheus oder Cynotilapia abgrenzen lassen. Genetische Analysen zeigten, dass einige Arten falsch zugeordnet waren – was eine Umbenennung erforderlich machte.
Prioritätsprinzip der Nomenklatur
Ein weiteres wichtiges Prinzip des ICZN ist das Prioritätsprinzip: Der zuerst veröffentlichte, gültige Name einer Gattung oder Art hat Vorrang. Wenn sich später herausstellt, dass zwei Namen für dieselbe Gattung vergeben wurden, muss der ältere Name verwendet werden – auch wenn er weniger verbreitet ist.
Im Fall Maylandia vs. Metriaclima war lange unklar, welcher Name Vorrang hat. Beide Gattungsnamen wurden nahezu zeitgleich beschrieben – was zu einer langjährigen Diskussion führte, welcher der „richtige“ Name ist.
Revisionen und Neuinterpretationen
Die Taxonomie ist keine in Stein gemeißelte Wissenschaft. Wenn neue Revisionen veröffentlicht werden, kann sich die Definition einer Gattung ändern. Manche Gattungen werden aufgespalten, andere zusammengelegt. Das führt dazu, dass Arten neue Namen bekommen, ohne dass sich ihre biologischen Eigenschaften ändern.
Die Geschichte von Maylandia und Metriaclima
Die Verwirrung um diese beiden Gattungen ist ein Paradebeispiel für taxonomische Unklarheiten in der Aquaristik. Hier ein kurzer Abriss:
Ursprung und Beschreibung
Der Name Maylandia wurde 1984 von Meyer & Foerster eingeführt, um eine Gruppe von Buntbarschen aus dem Malawisee zu beschreiben, die zuvor der Gattung Pseudotropheus zugeordnet waren.
1997 wurde jedoch von Stauffer et al. der Name Metriaclima für dieselbe Gruppe vorgeschlagen, mit dem Argument, Maylandia sei unzureichend oder ungültig beschrieben worden.
Der Streit um die Gültigkeit
Es entbrannte eine wissenschaftliche Debatte: War Maylandia korrekt und gültig beschrieben worden? Oder war Metriaclima die korrektere Bezeichnung?
Manche Wissenschaftler und Publikationen folgten dem Namen Metriaclima, da die Beschreibung als präziser galt.
Andere beriefen sich auf das Prioritätsprinzip und bestanden auf Maylandia.
Der aktuelle Stand
Inzwischen hat sich weitgehend durchgesetzt, dass Maylandia der gültige Name ist – unter anderem, weil die ursprüngliche Beschreibung den Anforderungen des ICZN genügt. Dennoch ist Metriaclima in wissenschaftlichen Arbeiten und in der Aquaristik weiterhin verbreitet, was zu Unsicherheiten führt.
Viele Händler, Forenbeiträge und sogar Datenbanken wie FishBase oder ITIS verwenden entweder beide Namen parallel oder bevorzugen einen der beiden – je nach Quelle.
Auswirkungen auf die Aquaristik
Namensänderungen mögen für die Wissenschaft notwendig und sinnvoll sein, in der Praxis führen sie jedoch oft zu Problemen:
Verwirrung beim Kauf und Verkauf
Ein und derselbe Fisch kann unter zwei verschiedenen Namen im Handel auftauchen. Das erschwert nicht nur die Identifikation, sondern auch die Kommunikation zwischen Züchtern, Käufern und Händlern.
Schwierigkeiten bei der Recherche
Wer Fachliteratur sucht oder Pflegehinweise online nachlesen möchte, muss oft beide Gattungsnamen prüfen, um vollständige Informationen zu erhalten. Das kann besonders für Anfänger frustrierend sein.
Fehlende Standardisierung in Datenbanken
Große Online-Datenbanken wie FishBase, SeriouslyFish oder Einrichtungsbeispiele.de sind nicht immer auf dem gleichen Stand. Manche führen Maylandia estherae, andere Metriaclima estherae, wieder andere beides – was die Suche nach zuverlässigen Daten erschwert.
Konflikte in Foren und Communities
Nicht selten entstehen Diskussionen darüber, welcher Name denn nun „richtig“ sei. Während sich einige auf wissenschaftliche Argumente stützen, plädieren andere auf praktische Verständlichkeit oder Tradition.
FAQs – Häufig gestellte Fragen zum Thema Namensänderungen
Warum können sich wissenschaftliche Namen überhaupt ändern?
Weil neue Erkenntnisse – zum Beispiel aus der Genetik oder Morphologie – zeigen können, dass eine Art in eine andere Gattung gehört oder ein älterer Name Vorrang hat. Die Taxonomie ist ein lebendiger, sich entwickelnder Wissenschaftszweig.
Muss ich meine Fische jetzt umbenennen?
Nicht zwingend. Im Hobbybereich kannst du weiterhin den Namen verwenden, der geläufig ist – solange du dir der Hintergründe bewusst bist. Für wissenschaftliche Arbeiten oder Publikationen solltest du jedoch den aktuell gültigen Namen verwenden.
Wie finde ich den aktuell gültigen Namen einer Art heraus?
Am besten nutzt du dafür wissenschaftlich gepflegte Datenbanken wie:
- FishBase.org
- ITIS.gov
- Catalogue of Life
- Einrichtungsbeispiele.de
Dort wird meist der gültige Name angezeigt, inklusive Synonymen und Taxonomie-Historie.
Was passiert mit alten Literaturangaben, wenn sich der Name ändert?
Alte Literatur bleibt weiterhin gültig – aber du musst wissen, unter welchem Namen die betreffende Art damals beschrieben wurde. Daher ist es hilfreich, auch Synonyme zu kennen, wenn du ältere Bücher oder Studien liest.
Warum werden nicht einfach deutsche Namen verwendet?
Deutsche Trivialnamen sind oft uneinheitlich und variieren regional. Zudem gibt es viele Arten ohne offiziellen deutschen Namen. Wissenschaftliche Namen sind international eindeutig – auch wenn sie gelegentlich wechseln.
Fazit: Zwischen Frust und Fortschritt – Die Bedeutung taxonomischer Veränderungen verstehen
Die Änderung von wissenschaftlichen Namen wie bei Maylandia und Metriaclima mag auf den ersten Blick verwirrend und ärgerlich wirken – insbesondere für Aquarianer, die klare, beständige Bezeichnungen bevorzugen. Doch diese Veränderungen basieren auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Bestreben, die Systematik der Lebewesen immer präziser zu gestalten.
Für die Praxis bedeutet das:
- Eine gewisse Flexibilität beim Umgang mit Namen ist erforderlich.
- Gute Informationsquellen sind unerlässlich, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben.
- Verständnis für die Gründe hinter Namensänderungen hilft, unnötige Diskussionen zu vermeiden.
Ob nun Maylandia estherae oder Metriaclima estherae – am Ende bleibt es derselbe faszinierende Buntbarsch, der durch seine Farbenpracht und sein Verhalten begeistert. Wichtig ist nicht nur der Name, sondern vor allem das Verständnis für die Tiere, ihre Herkunft und ihre Bedürfnisse.





