Calotes versicolor im Terrarium halten
Einrichtungsbeispiele mit Blutsaugeragame

Wissenswertes zu Calotes versicolor (Blutsaugeragame)
Die Blutsaugeragame, wissenschaftlich als Calotes versicolor bekannt, ist eine der faszinierendsten und zugleich am häufigsten unterschätzten Echsenarten, die in der Terraristik gehalten werden. Ihr Ruf eilt ihr dabei oft voraus: Der deutsche Trivialname klingt gefährlich, mystisch und ein wenig abschreckend. In Wahrheit handelt es sich um eine ausgesprochen interessante, tagaktive und gut beobachtbare Agamenart, die mit dem richtigen Wissen durchaus erfolgreich gepflegt werden kann.
Herkunft und natürlicher Lebensraum
Calotes versicolor stammt ursprünglich aus Süd- und Südostasien. Das natürliche Verbreitungsgebiet ist enorm groß und reicht von Indien, Sri Lanka und Nepal über Bangladesch, Myanmar, Thailand und Vietnam bis nach Südchina, Indonesien und Malaysia. Aufgrund ihrer hohen Anpassungsfähigkeit wurde die Art außerdem in andere Regionen eingeschleppt, etwa nach Florida, auf Inseln im Indischen Ozean oder in Teile Afrikas.
Im natürlichen Habitat bewohnt die Blutsaugeragame vor allem offene, warme Landschaften. Dazu zählen Waldränder, lichte Wälder, Buschlandschaften, Plantagen, Gärten, Reisfelder und sogar urbane Gebiete. Sie ist häufig in unmittelbarer Nähe menschlicher Siedlungen anzutreffen, was ihre Anpassungsfähigkeit und Robustheit eindrucksvoll zeigt. Bevorzugt werden sonnige Plätze mit guter Kletterstruktur, Sträuchern, Bäumen, Zäunen oder Mauern, von denen aus sie ihr Revier überblicken kann.
Das Klima in diesen Regionen ist tropisch bis subtropisch, mit ausgeprägten Regen- und Trockenzeiten. Entsprechend variabel zeigt sich die Art auch in ihrem Verhalten, ihrem Stoffwechsel und ihrer Fortpflanzung.
Gattung und Familie
Die Blutsaugeragame gehört zur Gattung Calotes, welche Teil der Familie Agamidae ist. Diese Familie umfasst zahlreiche bekannte Agamenarten, darunter auch Bartagamen und Wasseragamen. Innerhalb der Gattung Calotes existieren mehrere Arten, die sich teils äußerlich ähneln, aber unterschiedliche ökologische Nischen besetzen.
Calotes versicolor ist die bekannteste und am weitesten verbreitete Art der Gattung. Aufgrund ihres riesigen Verbreitungsgebietes gibt es zahlreiche lokale Farbvarianten und morphologische Unterschiede, was lange Zeit zu taxonomischen Diskussionen geführt hat. Dennoch gilt die Art heute als gut definiert.
Beschreibung und allgemeines Erscheinungsbild
Die Blutsaugeragame ist eine mittelgroße Agame mit schlankem Körperbau. Ausgewachsene Tiere erreichen inklusive Schwanz eine Gesamtlänge von etwa 30 bis 40 Zentimetern, wobei der Schwanz deutlich länger als der Körper ist. Der Körper selbst ist seitlich leicht abgeflacht, was ihr beim Klettern zugutekommt.
Der Kopf ist dreieckig geformt und trägt gut sichtbare Schuppen. Entlang des Nackens und des vorderen Rückens verläuft ein Kamm aus verlängerten Schuppen, der bei Erregung, Imponierverhalten oder Balz deutlich aufgerichtet werden kann. Dieser Nackenkamm ist bei Männchen stärker ausgeprägt als bei Weibchen.
Die Gliedmaßen sind kräftig, mit gut entwickelten Krallen, die das Klettern auf rauen Oberflächen erleichtern. Die Augen sind groß, wach und ermöglichen eine ausgezeichnete Rundumsicht.
Aussehen und Farbvariabilität
Der Artname versicolor ist Programm. Die Blutsaugeragame ist extrem farbvariabel und kann ihre Färbung aktiv verändern. Grundfarben reichen von Braun, Grau und Olivgrün bis hin zu gelblichen oder rötlichen Tönen. Diese Farbwechsel dienen der Thermoregulation, Tarnung und Kommunikation.
Besonders bekannt ist die spektakuläre Balzfärbung der Männchen. Während der Paarungszeit färben sich Kopf und Hals intensiv rot bis orange, teilweise auch blau oder schwarz abgesetzt. Diese Farbexplosion hat wesentlich zum deutschen Namen beigetragen. Weibchen bleiben in der Regel unscheinbarer gefärbt, können aber ebenfalls Farbveränderungen zeigen, insbesondere bei Stress oder Trächtigkeit.
Jungtiere sind meist heller und kontrastreicher gemustert, was ihnen zusätzliche Tarnung bietet.
Haltung im Terrarium
Die Haltung von Calotes versicolor im Terrarium ist anspruchsvoll, aber mit entsprechender Vorbereitung gut machbar. Wichtig ist vor allem das Verständnis für das natürliche Verhalten und die klimatischen Bedürfnisse dieser Art.
Ein Terrarium für ein adultes Tier sollte großzügig bemessen sein. Für ein einzelnes Tier empfiehlt sich ein Terrarium mit mindestens 140 Zentimetern Länge, 60 Zentimetern Tiefe und 120 Zentimetern Höhe. Für ein Paar oder eine kleine Gruppe ist deutlich mehr Platz erforderlich, da die Tiere territorial sein können.
Als Einrichtung eignen sich stabile Kletteräste, Wurzeln, Korkröhren und Pflanzen, sowohl echt als auch künstlich. Wichtig ist eine vertikale Strukturierung, da die Blutsaugeragame den Großteil ihrer Zeit kletternd verbringt. Versteckmöglichkeiten sollten vorhanden sein, dürfen aber nicht den Überblick über das Revier vollständig einschränken.
Der Bodengrund kann aus einem Sand-Erde-Gemisch bestehen, das leicht feucht gehalten wird, ohne nass zu sein. Staunässe ist unbedingt zu vermeiden.
Klima, Temperatur und Beleuchtung
Die richtige Klimaführung ist entscheidend für die Gesundheit der Tiere. Tagsüber sollte die Grundtemperatur im Terrarium zwischen 26 und 30 Grad Celsius liegen. Unter einem Sonnenplatz dürfen punktuell Temperaturen von 35 bis 40 Grad erreicht werden. Nachts ist eine Absenkung auf 20 bis 24 Grad sinnvoll und artgerecht.
Die Luftfeuchtigkeit sollte tagsüber bei etwa 60 bis 70 Prozent liegen und nachts ansteigen. Regelmäßiges Sprühen ist notwendig, vor allem während der Regenzeit-Simulation.
Eine hochwertige Beleuchtung mit UV-B-Anteil ist zwingend erforderlich. Ohne UV-Strahlung kann Calotes versicolor kein Vitamin D3 synthetisieren, was langfristig zu schweren Stoffwechselerkrankungen führt. Zusätzlich sollte eine helle Grundbeleuchtung installiert werden, da die Art sehr lichtliebend ist.
Ernährung
In der Natur ernährt sich die Blutsaugeragame überwiegend von Insekten und anderen wirbellosen Tieren. Dazu zählen Heuschrecken, Grillen, Schaben, Käfer, Spinnen und gelegentlich auch kleine Wirbeltiere. Pflanzliche Kost spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Im Terrarium sollte die Ernährung abwechslungsreich gestaltet werden. Geeignet sind unter anderem Grillen, Heimchen, Wanderheuschrecken, Schaben und gelegentlich Wachsmaden oder Zophobas in Maßen. Die Futtertiere müssen regelmäßig mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten bestäubt werden, insbesondere mit Calcium.
Frisches Wasser sollte täglich angeboten werden, entweder in einer flachen Schale oder durch regelmäßiges Sprühen, aus dem die Terrariumtiere Tropfen aufnehmen.
Giftigkeit und Mythos
Ein besonders hartnäckiger Mythos betrifft die angebliche Giftigkeit der Blutsaugeragame. Entgegen vieler Gerüchte ist Calotes versicolor nicht giftig. Weder verfügt sie über Giftdrüsen noch über toxischen Speichel. Bisse können schmerzhaft sein, sind aber vergleichbar mit denen anderer mittelgroßer Echsen und stellen bei gesunden Menschen keine Gefahr dar.
Der Name Blutsaugeragame stammt vermutlich aus folkloristischen Erzählungen und der auffälligen Rotfärbung der Männchen während der Balz. Wissenschaftlich gibt es keinerlei Hinweise auf eine Giftigkeit.
Vermehrung und Zucht
Die Fortpflanzung von Calotes versicolor ist gut dokumentiert und kann im Terrarium gelingen, erfordert aber Erfahrung. Voraussetzung ist ein gesundes, harmonierendes Zuchtpaar sowie eine jahreszeitliche Simulation von Trocken- und Regenzeit.
Nach der Paarung legt das Weibchen mehrere Gelege mit jeweils 5 bis 20 Eiern ab. Die Eiablage erfolgt in feuchtem Substrat, weshalb ein geeigneter Eiablageplatz angeboten werden muss. Die Inkubation erfolgt bei Temperaturen zwischen 26 und 30 Grad Celsius und dauert etwa 60 bis 90 Tage.
Die Jungtiere sind nach dem Schlupf selbstständig, aber sehr empfindlich gegenüber Haltungsfehlern. Sie benötigen hohe Temperaturen, viel Licht, ausreichend UV-Strahlung und kleine, vitaminisierte Futterinsekten.
Mögliche Krankheiten
Wie alle Reptilien ist auch die Blutsaugeragame anfällig für bestimmte Erkrankungen. Besonders häufig treten Probleme auf, die auf Haltungsfehler zurückzuführen sind. Dazu zählen Rachitis durch UV-Mangel, Stoffwechselerkrankungen durch Calciummangel, Dehydrierung bei zu niedriger Luftfeuchtigkeit sowie Parasitenbefall.
Auch Atemwegserkrankungen können auftreten, vor allem bei dauerhaft zu niedrigen Temperaturen oder Zugluft. Regelmäßige Kotuntersuchungen und die Beobachtung des Verhaltens sind wichtige Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge.
Alternative Bezeichnungen
Neben der deutschen Bezeichnung Blutsaugeragame ist die Art auch als Bunte Gartenagame oder Orientalische Gartenagame bekannt. Im englischsprachigen Raum wird sie meist Oriental Garden Lizard genannt. In ihren Herkunftsländern existieren zahlreiche lokale Namen, die sich auf Aussehen, Verhalten oder Lebensraum beziehen.
Häufig gestellte Fragen
Eine häufige Frage betrifft die Einzel- oder Gruppenhaltung. Grundsätzlich ist Einzelhaltung möglich und oft stressärmer. Gruppenhaltung erfordert viel Platz und genaue Beobachtung, da Männchen territorial sind.
Auch die Frage nach der Eignung für Anfänger wird oft gestellt. Calotes versicolor ist keine klassische Anfängerechse, kann aber mit gründlicher Vorbereitung und Bereitschaft zur Einarbeitung erfolgreich gehalten werden.
Ein weiteres Thema ist die Lebenserwartung. Bei guter Pflege können Blutsaugeragamen im Terrarium acht bis zehn Jahre alt werden, in Einzelfällen sogar älter.
Fazit
Die Blutsaugeragame ist eine beeindruckende, lebhafte und optisch äußerst variable Echsenart, die bei richtiger Haltung viel Freude bereitet. Ihr interessantes Sozial- und Balzverhalten, die aktive Tagesweise und die enge Bindung an strukturreiche Lebensräume machen sie zu einem spannenden Pflegling für engagierte Terrarianer.
Wer bereit ist, sich intensiv mit ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen, wird mit einem faszinierenden Einblick in die Welt asiatischer Agamen belohnt. Calotes versicolor ist kein Tier für spontane Entscheidungen, aber für verantwortungsbewusste Halter eine echte Bereicherung im Terrarium.